Wie stehen Sie zum gemeinnützigen Journalismus?
Leider wurde der geplante Anwendungserlass des Finanzministeriums, der dem gemeinnützigen Journalismus Rechtssicherheit geben sollte, am 16.09.2024 in einer gemeinsamen Sitzung mit den Bundesländern abgelehnt. Damit bleibt die dringend benötigte Rechtssicherheit für Projekte wie CORRECTIV oder Der Volksverpetzer weiter aus.
Warum wird da gegen den Koalitionsvertrag agiert?
Dort ist vereinbart, dass die Gemeinnützigkeit von Journalismus rechtlich abgesichert werden soll (Seite 97 - Koalitionsvertrag).
Sehr geehrter Herr V.
vielen Dank für Ihre Frage. Die Umsetzung des Koalitionsvertrags ist die Aufgabe der Regierungsparteien. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist nicht Teil der Regierungskoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen.
Persönlich stehe ich dem Konzept „gemeinnütziger Journalismus“ skeptisch gegenüber.
Als kritischen Punkt sehe ich die Finanzierung dieser sog. „gemeinnützigen Medien“. Als nicht-Profit Organisationen benötigen diese alternative Finanzierungsmaßnahmen, welche größtenteils aus Spenden und Steuergeldern bestehen.
So entsteht zwar kein direkter wirtschaftlicher Druck, mit dem ein inhaltliches Filtern von publizierten Themen einhergeht. Jedoch besteht die Gefahr, dass die Unabhängigkeit der Berichterstattung unter möglichen Erwartungen und Einflussnahme von möglichen Großspendern leidet.
Die Fokussierung auf finanzielle Unterstützung könnte auch zu einem Qualitätsverlust führen. Wenn Projekte ausschließlich auf Spenden angewiesen sind, könnte dies zu einer Anpassung an populäre Themen führen, um die Finanzierung zu sichern. Dies könnte die Vielfalt und Tiefe der Berichterstattung beeinträchtigen und dazu führen, dass wichtige, aber weniger populäre Themen vernachlässigt werden.
Schlussendlich ist fraglich, inwiefern Journalismus in den Bereich der Gemeinnützigkeit fällt und ob dieser als ein gemeinnützlicher Zweck aufgenommen werden sollte. Zudem könnte die Bezeichnung „gemeinnütziger Journalismus“ irreführend sein. Besonders in Bezug auf Medien, welche ein gewissen politisches Narrativ bedienen. Außerdem befürchten manche Vertreter der Medienbranche, dass durch dieses „Label“ eine Marktverzerrung und ein „Zweiklassen-Journalismus“ entstehen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Rohwer