Lars Rohwer
Lars Rohwer
CDU
83 %
10 / 12 Fragen beantwortet
Frage von Steffen S. •

Sehr geehrter Herr Rohwer, unterstützen Sie den Antrag, ein Verbot der AfD durch das Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen?

Die AfD ist als Verdachtsfall eingestuft und in drei Bundesländern, u.a. Sachsen, bereits gesichert rechtsextrem.

Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler unterstützen den Antrag: https://www.taz.de/!6048523

Lars Rohwer
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich des AfD-Parteiverbots. Da dieses Thema immer wieder in die Diskussion gerät – zuletzt durch die Correctiv-Recherchen Anfang des Jahres oder die Einstufung der Sächsischen AfD als rechtsextremistischer Landesverband – habe ich mich bereits im Sommer 2023 auf meiner Website zu einem möglichen Verbotsverfahren positioniert (Hier nachzulesen: https://www.lars-rohwer.de/aktuelles/2023/zur-afd-verbotsdebatte). Mittlerweile haben sich Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen im Bundestag zusammengetan, um einen Antrag für ein solches Verfahren zu erarbeiten.

Ich kann Ihre Sorgen und Ängste bezüglich der AfD sehr gut nachvollziehen. Ich selbst kenne und habe häufig genug das unprofessionelle, unkollegiale, rechtspopulistische, menschenverachtende und undemokratische Verhalten der AfD-Politiker sowohl im Landtag als auch jetzt im Bundestag erlebt. Bei der letzten Bundestagswahl war mein direkter Gegner im Wahlkreis Dresden II-Bautzen II der AfD-Mann Andreas Harlaß. Er ist wegen Volksverhetzung verurteilt und das prägt auch mein AfD-Bild. Mir widerstreben die Methoden und Denkweisen dieser Partei. Ich habe mich immer wieder klar und deutlich von der Partei abgegrenzt und werde dies auch weiterhin tun.

Es geht hier jedoch nicht um meine persönliche Einschätzung, sondern um die Frage eines Verbots der AfD. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben Lehren aus der Weimarer Republik gezogen: Einerseits haben sie die Möglichkeit eines Parteiverbots in unserer Verfassung verankert, andererseits haben sie bewusst hohe Hürden dafür festgelegt. Eine Partei kann nur dann verboten werden, wenn sie eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt und diese Haltung aktiv-kämpferisch und auf aggressive Weise umsetzen will. Nachfolgend möchte ich Ihnen Punkte auflisten, die von verschiedenen Verfassungsrechtlern in dem Diskurs um ein Verbotsverfahren geäußert werden: 

1. Ein Verbot wäre wahrscheinlich erfolglos
Die AfD ist nur in Teilen, nicht aber als Ganzes rechtsextrem. Ihr (offizielles) Programm, Teile der Mitglieder und der Wähler sind nicht extremistisch. Über ein mögliches Verbot der Partei kann ohnehin nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Dieses Gericht stützt sich dabei nicht einfach auf die Einschätzung des Verfassungsschutzes, sondern prüft dessen Gutachten eigenständig. So hat etwa das Oberverwaltungsgericht Münster den Verfassungsschutz in diesem Jahr auf Beweismängel in seiner Bewertung der AfD hingewiesen. Selbst eine Einstufung der gesamten AfD als extremistisch würde jedoch nicht automatisch zu einem erfolgreichen Verbotsverfahren führen. Dafür müsste die Partei konkret und mit Aussicht auf Erfolg den Kern des Grundgesetzes gefährden. Dies vor Gericht nachzuweisen ist sehr schwierig. Zudem zeigt die Partei keine Ambitionen, Gewalt anzuwenden. 

2. Die Prüfung dauert
Ein Verbotsverfahren dauert lange. Im Fall der NPD prüfte das Verfassungsgericht vier Jahre. Es würde die Wahlen im kommenden Jahr also nicht beeinflussen, außer dass die AfD viel Aufmerksamkeit bekommen und sich als Opfer stilisieren könnte. 

3. Die AfD hat derzeit keine Gewaltmittel
Anders wäre es, wenn die AfD bestrebt wäre, den Staat wie die Nationalsozialisten mit Gewalt umzukrempeln. Ganz nüchtern betrachtet: Die AfD hat mit ihren 40.000 Mitgliedern nicht die Mittel, die Demokratie abzuschaffen. Sie ist im Vergleich zur NSDAP sehr klein, hat kein Paramilitär, zeigt sich nicht gewaltbereit und verfügt auch sonst über keine Machtmittel, den Staat auszuhebeln.

4. Ein gescheitertes Verbotsverfahren würde die AfD stärken
Viele Experten sprechen sich gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus, da sie die Erfolgsaussichten als gering einschätzen. Wiederum würde ein gescheitertes Verfahren die AfD wahrscheinlich massiv stärken, da sie sich nun „demokratisch legitimiert“ und „verfassungskonform“ auf die Flagge schreiben könnte. Gleichzeitig könnte die Partei sich als Opfer inszenieren, welches die „etablierten Parteien“ beseitigen wollen. 

Hilfsweise soll gemäß dem Antrag zudem ein Finanzierungsausschlussverfahren angestoßen werden, um der AfD die Mittel zu entziehen. Diesem Vorstoß stehe ich offener gegenüber, da Verfassungsfeinde nicht aus Steuergeldern der Bürger finanziert werden sollten. Doch auch hier sind die Hürden so hoch wie bei einem Parteiverbotsverfahren. 

Mir persönlich geht es nicht um die AfD, sondern um die Wähler, die wir von uns und unseren Positionen überzeugen müssen. Würde die AfD verboten werden, werden diese Wähler nicht nur aufgrund des Verbots zu den demokratischen Parteien der Mitte zurückkehren. Dies ist nur möglich, wenn man die AfD inhaltlich stellt und die Probleme in unserem Land besonnen und vernünftig löst. Dafür kämpfe ich tagtäglich. Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Sichtweise und meine Bedenken zu dem Thema näherbringen.

Mit freundlichen Grüßen
Lars Rohwer MdB

Was möchten Sie wissen von:
Lars Rohwer
Lars Rohwer
CDU