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Lars Castellucci
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Frage von Simon B. •

Frage an Lars Castellucci von Simon B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Castellucci,

mich würde interessieren, wie Sie zu den aktuellen Plänen der Bundesregierung stehen, die uneingeschränkte Einführung der Voratsdatenspeicherung gesetzlich zu manifestieren. Ich verstehe, dass der Staat Werkzeuge braucht, um kriminelle Machenschaften im Internet verfolgen zu können. Doch ist das das richtige Mittel? Meiner Meinung Nach wird durch die Voratsdatenspeicherung (Egal, ob 10 Wochen oder ein anderer Zeitraum) jeder deutsche Staatsbürger unter einen Generalverdacht gestellt. Und das ist in Deutschland verboten. Es werden alle meine digitalen Bewegungen im Internet (IP-Adressen, Meta Informationen, Standortdaten!!, Verbindungsaufbauinformationen, usw.) gespeichert. Das ist doch das Selbe, wie wenn mein Auto GPS überwacht wäre, ich eine Fußfessel tragen würde oder eine staatliche Kamera in meinem Wohnzimmer hängen würde.

Meine Fragen sind:
1. Wie stehen Sie persönlich zu der Debatte?
2. Wieso kann man im Internet Methoden anwenden, die jeden einzelnen deutschen Bürger ohne begründeten Verdacht 24/7 überwachen können?

Ich wäre Ihnen für ein Statement und die Antworten auf meine Fragen sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Simon Bierwald

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bierwald,

am 15. April hat Bundesjustizminister Heiko Maas Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vorgelegt.
Mit dem Vorschlag von Bundesjustizminister Maas wird eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau bezeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post – also Email – eingeführt.
Oberste Richtschnur aller Regelungen sind für uns die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes. Die von Bundesjustizminister Maas vorgelegten Leitlinien sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver als CDU/CSU es wollen:
- Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefonkommunikation anfallen (Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen). Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden.
- Für die Bezeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden, gilt eine deutlich kürzere Speicherfrist von vier Wochen. Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil über Funkzellendaten der Aufenthaltsort des Mobilfunknutzers bestimmt werden kann und wir nicht wollen, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbeschluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist. Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikationsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespeichert werden.
- Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Datenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei Zufallsfunden.
- Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, d.h. nur auf richterlichen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Daten abrufen und es gibt keine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei. Im Vergleich zu der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist der von Minister Maas vorgelegte Straftatenkatalog deutlich reduziert worden. Der Abruf von Daten wird nur für schwerste Straftaten möglich sein. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden. Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw. vier Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Diensteanbieter zur Folge.
- Die Leitlinien enthalten zudem eine datenschutzrechtliche Verbesserung zur geltenden Rechtslage: Das Gesetz wird die Befugnis der Ermittlungsbehörden zum Abruf der genannten Daten abschließend regeln. Speichert ein TK-Anbieter die Daten über den verpflichtend vorgegebenen Zeitraum auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage, z.B. zu Zwecken der Vertragserfüllung, weiterhin, so ist der Abruf nach diesem Gesetz dennoch nach Ablauf der 10 bzw. 4 Wochen untersagt.
- Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, werden die Diensteanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Diensteanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei.
Die Leitlinien sind eine gute Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsfraktionen dies vereinbart. Wir halten uns an den Koalitionsvertrag. Ich persönlich bin nicht überzeugt davon, dass man eine Vorratsdatenspeicherung benötigt, der Bedarf ist auch eigentlich nicht da, wie die Anschläge in Paris gezeigt haben. Doch eine Regelung der Daten finde ich grundsätzlich nicht verkehrt; Sicherheitskräfte sagen es wäre notwendig. Ich sehe den Kompromiss darin, dass der Speicherung sehr enge Grenzen, u.a. auch die die EuGH-Rechtsprechung, gesetzt werden. Grundsätzlich denke ich, dass niemand eine 100 prozentige Sicherheit gewährleisten kann. Mit einer gewissen Unsicherheit muss jeder von uns leben.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird dafür Sorge tragen, dass sich die obigen Grundsätze ohne Ausnahmen und Abstriche auch in den gesetzlichen Detailregelungen wiederfinden. Wir sind uns sicher, dass am Ende ein ausgewogener Kompromiss stehen wird. Deutschland hätte damit zugleich die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsdaten in ganz Europa.

Freundliche Grüße
Ihr
Lars Castellucci

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