Kurt Lehner
FDP
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Frage von Angelika H. •

Frage an Kurt Lehner von Angelika H. bezüglich Frauen

Sehr geehrter Herr Dr.Lehner,
was für ein Konzept hat Ihre Partei etwas gegen die Diskriminierung von arbeitsuchenden
Menschen und um die Gleichmacherei bei der Unterstützung durch die soziale Gemeinschaft zu ändern. Mein konkreter Fall:
Ich bin 59 Jahre alt, seit 20 Jahren verwitwet und habe drei Kinder
grossgezogen, die eine gute Schulbildung und Ausbildung, bzw. Studienabschluss haben und noch nie
arbeitslos waren.
Ich war an die 40 Jahre berufstätig, die meiste Zeit davon in Vollzeit!
Jetzt wo ich trotzdem, das ich jede Weiterbildung wahr genommen habe, die
ich bekommen konnte, keinen Job (aus Altersgründen) bekomme, stehe ich
auf derselben finanziellen Stufe mit Leuten die nicht oder kaum gearbeitet
haben und auch nichts wesentliches für die soziale Gemeinschaft getan
haben.
Ich dachte mir nun, das ich über die Witwenrente eine kleine Absicherung habe,
aber weit gefehlt, die bringt mir nicht einen Cent mehr, als denen die keine haben.
Das finde ich höchst ungerecht, undemokratisch und denke,
das haben Frauen in meiner Situation nicht nicht verdient.
Dieselbe Frage habe ich auch an andere Kanditaten gestellt.
Mit freundlichen Grüssen
Angelika Heinemann

Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Heinemann,

danke für Ihre Frage. Ich finde es tragisch, daß - nicht nur in Ihrem Fall - ältere Menschen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden und weder die Lebensleistung der Kindererziehung noch die Beitragszeiten angemessen in die Rentenhöhe einfließen. Die von Ihnen angesprochenen Themen sind überwiegend bundespolitischer Natur. Es wird also nur begrenzt Möglichkeiten geben, diese Bereiche vom Abgeordnetenhaus von Berlin aus zu gestalten. Ich will Ihnen aber dennoch meine Auffassung dazu mitteilen.

Ob bei der Arbeitssuche oder beim Abschluß einer Versicherung, je älter man ist, desto größer werden die Schwierigkeiten. Die Altersdiskriminierung findet bereits weit vor dem Rentenalter statt. Insbesondere bei der Stellensuche haben Arbeitnehmer über 50 keine Chance, auch wenn sie die besten Zeugnisse präsentieren können und über jede Menge Erfahrung und Belastbarkeit verfügen. In 60 Prozent aller Unternehmen in Deutschland gibt es derzeit keine Arbeitnehmer über 50 Jahre. Obwohl gerade ältere Arbeitnehmer über eine gute Qualifikation, über Erfahrung, Wissen und Gelassenheit verfügen, gehören sie - neben den Geringqualifizierten – zu den großen Verlierern am Arbeitsmarkt. Bereits für Vierzigjährige ist es immer schwieriger, eine feste Anstellung zu finden. Für die FDP ist klar: Ein Umsteuern ist dringend geboten. Wir können es uns nicht länger leisten, Kenntnisse und Engagement ganzer Generationen brach liegen zu lassen.
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit rund 40 Prozent Erwerbstätigen im Alter von 55 bis 64 Jahren im unteren Drittel des OECD-Durchschnitts von 48 Prozent. Schweden und Norwegen haben im Vergleich dazu mit 70 Prozent von Menschen in dieser Altersgruppe einen sehr hohen Beschäftigungsanteil. Der geringe Erwerbstätigenanteil in Deutschland erklärt sich durch die massive Förderung von Frühverrentung und Frühausgliederung bis zur Mitte der 1990er-Jahre.

Um die Beschäftigungsaussichten Älterer zu erhöhen, tritt die FDP dafür ein, daß alle tariflichen und gesetzlichen Regelungen für den Arbeitsmarkt auf ihre hemmende Wirkung für die Einstellung älterer Arbeitsloser hin überprüft werden. Mögliche Hemmnisse, die einer besseren Integration Älterer in das Erwerbsleben entgegenwirken, müssen beseitigt werden. Kontraproduktive Schutzbestimmungen für ältere Arbeitnehmer, die sich z.B. in der Kündigungsschutzgesetzgebung oder auch im Sozialgesetzbuch im Hinblick auf den Vorruhestand finden, müssen dahingehend geändert werden, daß ältere Arbeitnehmer nicht mehr benachteiligt werden. Nur wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, haben auch ältere Menschen wieder eine reelle Chance, an einer Belebung des Arbeitsmarktes teilzuhaben.
Neben einer generell anderen Personalpolitik, die die Potentiale älterer Arbeitnehmer erkennt und würdigt, braucht Deutschland eine Steuer-, Wirtschafts-, Tarif- und Arbeitsmarktpolitik, die zu mehr Wachstum und damit zu mehr Arbeitsplätzen führt. Erst eine deutliche Erhöhung der Anzahl der Erwerbsplätze wird zu einer Trendwende auf den Arbeitsmarkt für Ältere führen können. Heute ist jeder vierte der rund 5 Millionen registrierten Arbeitssuchenden älter als 50 Jahre. Diese Zahl steigt sogar noch deutlich, wenn man diejenigen mitzählt, die sich im Vorruhestand befinden oder der Bundesagentur für Arbeit nach der sog. 58er Regelung nicht mehr zur Verfügung stehen wollen.
Um die Beschäftigungsaussichten Älterer zu erhöhen, tritt die FDP dafür ein, daß alle tariflichen und gesetzlichen Regelungen für den Arbeitsmarkt auf ihre hemmende Wirkung für die Einstellung älterer Arbeitsloser hin überprüft werden. Mögliche Hemmnisse, die einer besseren Integration Älterer in das Erwerbsleben entgegenwirken, müssen beseitigt werden. Kontraproduktive Schutzbestimmungen für ältere Arbeitnehmer, die sich z.B. in der Kündigungsschutzgesetzgebung oder auch im Sozialgesetzbuch im Hinblick auf den Vorruhestand finden, müssen dahingehend geändert werden, daß ältere Arbeitnehmer nicht mehr benachteiligt werden. Nur wenn sich die Rahmenbedingungen ändern haben auch ältere Menschen wieder eine reelle Chance, an einer Belebung des Arbeitsmarktes teilzuhaben.

Auch die Rentenpolitik ist seit langem ein Sorgenkind. Die Rentenpolitik der Bundesregierung ist ein einziges Desaster. Die im Jahre 2001 als Jahrhundertwerk gefeierte Rentenreform ist gescheitert. Die Riesterrente wird von der großen Masse der berechtigten Bürger nicht in Anspruch genommen. Zusätzlich hat die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in eine tiefe, finanzielle Krise gestürzt. So konnte trotz Einführung der Ökosteuer, trotz Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und Absenkung der Rentenreserve der Beitragssatz zur GRV nicht stabilisiert werden.
Zu dieser aktuellen konjunkturbedingten Problematik kommen ab 2010 aufgrund des demographischen Wandels weitere, strukturelle Probleme hinzu, die den Reformdruck noch zusätzlich erhöhen. Die Brisanz der demographischen Entwicklung für die Bundesrepublik Deutschland ergibt sich neben der auch in anderen Ländern zu beobachtenden Alterung der Gesellschaft aus einer deutschen Besonderheit. Auf den Babyboom der späten fünfziger Jahre folgte der Pillenknick der späten sechziger Jahre. Vom Jahr 2010 an, wenn die Generation der geburtenstarken Jahrgänge in Rente geht, wird sich das Verhältnis Rentner / Beitragszahler dramatisch ändern. Hinzu kommt die immer längere Lebenserwartung. Seit der Einführung der umlagefinanzierten Rente im Jahre 1956 ist die Lebenserwartung um mehr als acht Jahre gestiegen. Diese deutlich längere Rentenbezugsphase muß zukünftig gegenfinanziert werden.
Die FDP hat angesichts dieser Herausforderungen immer auf die Notwendigkeit hingewiesen, eine steuerlich geförderte kapitalgedeckte private Alterssicherung aufzubauen. Dies war auch der grundsätzlich richtige Ansatz der Rentenreform 2001. Leider war die Umsetzung mehr als mangelhaft. Überbürokratisierung und miserables Marketing haben die Reform diskreditiert. Hinzu kam die Krise der Finanzmärkte. Angesichts der demographischen Lasten bleibt keine Zeit. Die Alterssicherungssysteme müssen jetzt fit für die Zukunft gemacht werden. Die FDP will Tempo machen und strebt - im Gegensatz zu allen anderen Parteien – einen Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik an: Ziel liberaler Rentenpolitik ist Beitragssatzstabilität zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und eine ausreichende finanzielle Sicherung der Rentner im Alter bei einem fairen Interessenausgleich zwischen den Generationen.

Die FDP will die Lohnnebenkosten unter 35% senken. Dazu muß der Beitragssatz zur GRV dauerhaft auf unter 18% gesenkt werden. Angesichts der demographischen Entwicklung wird das Rentenniveau der umlagefinanzierten Rente bei einer Deckelung der Beitragssätze mittel- und langfristig von jetzt 70% deutlich absinken. Um eine flächendeckende Altersarmut zu vermeiden, muss die schnelle Förderung privater wie betrieblicher Altersvorsorge in den Mittelpunkt der Rentenpolitik gestellt werden. Langfristiges Ziel liberaler Politik ist, dass die private Vorsorge nach einer Übergangsphase die gesetzliche, umlagefinanzierte Rentenversicherung so ergänzt, daß erstere zusammen mit der betrieblichen Altersvorsorge etwa zur Hälfte zur Alterssicherung beiträgt.
Dabei bleibt die FDP die Partei der Generationengerechtigkeit. Während Grüne und SPD sieben Jahre nur über Generationengerechtigkeit philosophiert haben (statt die Strukturreformen anzugehen), und nun auch die CDU-SPD-Koalition außerstande ist, sinnvolle Rentenreformen einzuleiten, stellt die FDP ihre Rentenpolitik ausdrücklich unter den Vorbehalt der Generationengerechtigkeit. Die FDP will keine Zeit mehr verlieren. Mit den Anpassungsschritten muss jetzt begonnen werden, denn je schwächer die Anpassungen heute ausfallen, desto größer wird die Last für die Rentner des Jahres 2030. Jährlich soll eine Generationenbilanz vorgelegt werden, um die Lasten abzuschätzen, die sich aus der Finanzwirtschaft des Staates für gegenwärtig und zukünftig lebende Generationen ergeben. Schwerpunkt liberaler Rentenpolitik ist die Stärkung und der massive Ausbau der privaten Altersvorsorge, indem die Notwendigkeit der privaten Alterssicherung transparenter und die staatliche Förderung entbürokratisiert und vereinfacht wird.
Ich persönlich meine, daß neben den berufsbedingten Rentenbeitragszahlungen gerade auch Kindererziehungszeiten gesellschaftlich anerkannt werden und in die Rentenberechnung einfließen müssen. Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr

Dr. Kurt M. Lehner