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Klaus-Peter Willsch
CDU
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Frage von Daniel B. •

Frage an Klaus-Peter Willsch von Daniel B. bezüglich Innere Sicherheit

Herr Willsch,

in den niemals ermüdenden Debatten über schärfere Waffengesetze in den USA kommt man nicht Drumherum, auch die mächtige Waffenlobby NRA immer wieder scharf zu kritisieren. Jene stützen sich mit jedem nur erdenklichen Argument immer nur auf den 2. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung.
Wir alle wissen, dass die Abrüstung der Bevölkerung absolut notwendig ist, um auch weiterhin die innere Sicherheit zu stabilisieren.

In der 30. Bundestagssitzung vom 27. April 2018 verteidigen Sie die derzeitigen Rüstungsexporte auch mit dem Hinweis auf die Existenz der waffenproduzierenden Industrie.
Manche mögen sagen, sie stellen sich damit auf die Seite der "Waffenlobby".

Wäre es denkbar, die Waffenproduktion in Deutschland durch die staatlich kontrollierte Industrie so weit herunter zu fahren, dass damit in erster Linie der Eigenbedarf gedeckt, die technische Einsatzfähigkeit der Bundewehr gesichert und die Unterstützung aller NICHT in der Kritik stehenden Bündnispartner Deutschlands gewährleistet ist?
Übrige Kapazitäten aus den Betrieben und Mitarbeitern sind unter Garantie auch für nicht-waffenfähige Produktionsgüter geeignet. Es gibt so viel andere deutsche Technik zu Exportieren.

Rüstungsexporte in solchen Dimensionen wie bisher, insbesondere an Länder, in denen zwar offiziell keine Krise herrscht, jene aber die Waffen in diese Krisenregionen bringen (Türkei, Saudi-Arabien als Beispiel) sind nicht zu vertreten und erwecken den Eindruck, dass es gezielt um die Aufbesserung von Haushaltsmitteln geht oder aber um indirekte Einmischung in die Krisen - durch das Wissen, dass die Waffen dort eingesetzt werden würden.
Wer Assad kontrolliert, kontrolliert auch die Gas Pipelines in der Region. (v.a. russisches Interesse)

Zudem: Wie ist ihr Verhältnis zur Waffenindustrie seit ihrer Funktion als Abgeordneter in Land und Bund? Gab es in ihrer Laufbahn jemals Interessenkonflikte in Rüstungsfragen?

Für die Beantwortung dieser Fragen bedanke ich mich im Voraus

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

CDU und CSU streben außenpolitisch grundsätzlich eine Situation an, in der kriegerische Auseinandersetzungen zurückgedrängt und durch politische Lösungen auf dem Verhandlungswege ersetzt werden. Leider sind wir von einer Welt, in der allein Verhandlungen Konflikte lösen, noch weit entfernt. Unter diesen Bedingungen kann auch der Einsatz militärischer Mittel erforderlich sein, um Sicherheit zu schaffen, die Menschenrechte zu schützen und den Terrorismus zu bekämpfen. Hierbei arbeitet Deutschland eng mit Partnern - etwa in der NATO und der EU - zusammen. Solche Sicherheitspartnerschaften beruhen auf Gegenseitigkeit. Dass bedeutet auch, dass man sich gegenseitig Verteidigungstechnologien - also auch verschiedene Waffen - nutzbar macht. Um dies umzusetzen, sind Rüstungsexporte aus Deutschland in NATO- oder andere verbündete Länder ebenso selbstverständlich und notwendig, wie Rüstungsimporte, um eine angemessene Ausrüstung der Bundeswehr sicherzustellen.

Über den Bereich der NATO oder der EU hinaus gibt es zahlreiche weitere Kooperationen, die für die Sicherheits- und Außenpolitik Deutschlands von Bedeutung sind. So half und hilft zum Beispiel die Lieferung von Waffen an die Peschmerga im Kampf gegen die Terrororganisation IS in Syrien und im Irak und konnte dort hunderttausenden Jesiden und anderen Menschen vor Versklavung und Tod retten. Es ergibt ebenfalls Sinn, Sicherheitskräfte, die in Afghanistan oder Mali von der Bundeswehr im Kampf gegen den Terror ausgebildet wurden, auch mit deutschen Waffen auszustatten. Gerade für solche Drittsaaten gelten strengste Waffenexportregeln. Für den Bereich der Kleinwaffen sind diese zuletzt im Sommer 2015 durch entsprechende Grundsätze der Bundesregierung weiter verschärft worden. Diese Grundsätze beinhalten weitergehende grundsätzliche Exportverbote und umfangreiche Dokumentationspflichten etwa über den Verbleib der Waffen bei Ausnahmen vom Exportverbot. Unter anderem haben wir ein Pilotprojekt für Vorort-Endverbleibskontrollen auch bei Kleinwaffen in den Empfängerländern eingeführt und sind insofern EU-weiter Vorreiter. Um die Weiterverbreitung von Kleinwaffen auf globaler Ebene zu bekämpfen, setzen wir auf unsere Partner und Regionalorganisationen: Wir wollen ihre Kapazitäten stärken, Waffen und Waffenlager besser zu sichern, illegale Waffenströme zu verfolgen und zu unterbinden und illegale Waffenbestände zu vernichten.

Generell ist darauf hinzuweisen, dass die Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung eine sehr verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik betreibt. Schon aufgrund der Vorgaben im Grundgesetz fühlten sich alle Bundesregierungen dem Prinzip einer restriktiven Exportkontrolle verpflichtet. Das deutsche Exportkontrollsystem ist international als eines der strengsten weltweit anerkannt. Die Ausfuhr aller Rüstungsgüter ist genehmigungspflichtig und unterliegt strengen gesetzlichen Kriterien, u.a. nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz, den im Jahre 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossenen "Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" sowie dem im Dezember 2008 verabschiedeten "Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern". Bei allen Ausfuhrgenehmigungen werden außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitische Aspekte sorgfältig abgewogen. Der jährliche Rüstungsexportbericht sowie der halbjährlich vorgelegte Zwischenbericht der Bundesregierung sorgen für die notwendige Transparenz und werden seit Beginn dieser Legislaturperiode noch schneller dem Bundestag vorgelegt. Über die Genehmigungen des Bundessicherheitsrates wird das Parlament unverzüglich unterrichtet.

Rüstungsexporte sind wie bereits dargestellt ein legitimes und unverzichtbares Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik, etwa um einen Völkermord zu verhindern oder um die Voraussetzungen zu schaffen, damit in einer Region humanitäre Hilfe geleistet werden kann. Die Beispiele Irak, Syrien oder Mali hatte ich bereits genannt. Auch wenn ein Land einen Beitrag für die Sicherheit Deutschlands und der NATO leistet und eine gefährdete Region stabilisiert, rechtfertigt dies gegebenenfalls die Lieferung von Waffen und Technologien.

Abschließend darf ich darauf hinweisen, dass Rüstungsexporte sehr unterschiedliche Güter umfassen können und nicht notwendigerweise dem Export von Waffen entsprechen. Rüstungsgüter sind zum Beispiel auch Minensuchgeräte, mit deren Hilfe Kriegsfolgen beseitigt werden, Feldkrankenhäuser und Zelte der Bundeswehr, die in Katastrophengebiete geliefert werden, Dekontaminationsausrüstungen für den Zivilschutz oder gepanzerte Personenkraftwagen für diplomatische Vertretungen, die in vielen Regionen z.B. bei Botschaften und den Vereinten Nationen im Einsatz sind.

Die aufgeführten Punkte zeigen, dass das Thema Rüstungsexporte sehr komplex und nicht für eine Schwarz-Weiß-Malerei geeignet ist. Es kommt vielmehr darauf an, eine verantwortungsbewusste Rüstungsexportpolitik zu betreiben, die einen Ausgleich schafft zwischen notwendiger, strenger Exportkontrolle, der Wahrung der außen- und sicherheitspolitischen und wehrtechnischen Interessen unseres Landes sowie der Wahrnehmung der wachsenden sicherheitspolitischen Verantwortung Deutschlands in der Welt.

Ich sehe vor diesem Hintergrund überhaupt keinen Zusammenhang zwischen deutschen Rüstungsexporten und dem tragischen Amoklauf in den USA. Wir werden eine waffenfreie Welt nicht erleben. Und die Ereignisse im Dezember 2016, als ein islamistischer Attentäter mit einem LKW viele Menschen ermordete, offenbart das Dilemma: Wollen Sie LKW verbieten? Außerdem handelt es sich dabei um eine innenpolitische Diskussion in den USA, in die ich mich als deutscher Bundestagsabgeordneter nicht einbringen möchte.

Zum Thema Türkei: In die Türkei wurden seit Beginn der "Operation Olivenzweig" keine Kriegswaffen exportiert. Der Fall Türkei gehört meines Erachtens auf die Tagesordnung der NATO.

Im Koalitionsvertrag wurde zu Saudi-Arabien folgender Passus vereinbart:

"Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind. Firmen erhalten Vertrauensschutz, sofern sie nachweisen, dass bereits genehmigte Lieferungen ausschließlich im Empfängerland verbleiben. Wir wollen diese restriktive Exportpolitik mit Blick auf den Jemen auch mit unseren Partnern im Bereich der europäischen Gemeinschaftsprojekte verabreden."

Ihre E-Mail impliziert, dass Exportentscheidungen vom Deutschen Bundestag getroffen werden. Die Genehmigung eines Rüstungsexportes obliegt aber alleine der Exekutive. Das wurde auch vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich so bestätigt. Hier finden Sie weiterführende Informationen zu den Rechtsgrundlagen: http://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Rechtsgrundlagen/rechtsgrundlagen_node.html. Gerade auch aus diesem Grund gibt es auch nicht den von Ihnen implizierten Interessenskonflikt.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Peter Willsch MdB

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