Frage an Klaus Hänsch von Barbara S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrer Herr Hänsch,
da schließe ich mich meinem Vorredner, Herrn Dörmann an, der die mangelnde Kontrolle der - wie er es nennt und wie sie es sind "Ausbeuterunternehmen" - beklagt. Ich stelle meine Anfrage an Sie noch deutlicher: Wie reagiert unsere deutsche Regierung auf die EU-Parlaments-Ankündigung, die Energiekartelle effektiver als bisher ins Visier zu nehmen und Maßnahmen zu ergreifen, die Kartelle zu brechen?
Man stelle sich das vor: Sie legt deutlichen Einspruch gegen solcherart Versuche durch das EU-Parlament ein.
Kann ja wohl nicht wahr sein!!
Was meinen Sie als Vertreter einer dieser Regierungsparteien dazu?
Für Ihre Antwort herzlichen Dank
Barbara Schmit
Sehr geehrte Frau Schmit,
die EU-Kommission (nicht das Europäische Parlament) hat am 19. September 2007 Vorschläge zur Vollendung des europäischen Binnenmarkts für Strom und Gas vorgelegt.
Kern der Vorschläge ist die Trennung der Verteilernetze für Strom und Gas von der Erzeugung bzw. vom Handel mit Strom und Gas ("Entflechtung"). Dadurch soll in der Tat die Marktmacht der Energiekartelle verringert und mehr Wettbewerb ermöglicht werden. Das könnte dazu führen, daß auch die Energiepreise im Interesse der Verbraucher sinken.
Die EU-Kommission schlägt zwei Optionen vor: entweder eine eigentumsrechtliche Entflechtung ("unbundling") oder die Schaffung eines unabhängigen Systembetreibers, der für Transparenz und Regulierung sorgt.
Das Europäische Parlament hat sich mit Mehrheit grundsätzlich für "unbundling" ausgesprochen. Die Bundesregierung (wie eine Reihe anderer EU-Regierungen auch) ist gegen "unbundling". Da wir erst am Anfang einer längeren und schwierigen Diskussion über das Konzept der Neuordnung der Energiemärkte stehen, ist dieser Widerspruch nicht dramatisch.
Die Vorschläge der EU-Kommission sind in vielen wichtigen Einzelheiten noch unausgegoren. Die Meinungsbildung ist sowohl im Ministerrat als auch im Europäischen Parlament noch im Fluß. Der Ausschuß für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlaments hat die EU-Kommission kürzlich aufgefordert, neue Vorschläge zu erarbeiten, die eine vollständige eigentumsrechtliche Entflechtung vermeiden, aber die Aufgaben und Rahmenbedingungen für den unabhängigen Regulierer besser als in den jetzigen Vorschlägen definieren.
Die bisherigen Positionen von EU-Kommission, Parlament und Regierungen sind mit Sicherheit nicht das letzte Wort. Die Beratungen werden sich angesichts der noch weit auseinander liegenden Meinungen wahrscheinlich bis 2009 hinziehen. Ich halte es aber für wahrscheinlich, daß am Ende Entscheidungen stehen werden, die die Marktmacht der großen Energiekonzerne begrenzen und den Wettbewerb sowie die Versorgungssicherheit auf den Energiemärkten stärken.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Hänsch