Frage an Klaus Hänsch von Stefan C. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Hänsch,
als Europa Bürger möchte ich gern etwas über Ihren täglichen Arbeitsablauf erfahren, so allgemein was Sie für uns in Europa tun.
Nach meiner Information, antworten sie nicht gerne an Fragesteller, Warum?
Mich Interessiert trotzdem Ihre Aufgabe als Eu-Abgeordnete.
Ob ich eine Antwort bekommen werde? Das ist die Frage:
Bei Abstimmung über eine allgemeine Sache: Stimmen Sie selbst ab?, (nach Ihre Einschätzung)
Oder aber müssen Sie ihren Parteichef fragen?
Wie kommen sie zum Beschluss? Wie Läuft das??
Wie Stehen Sie zu dem Beitritt der Türkei und Kroatien?
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Treuer Anhänger
Sehr geehrter Herr Cikib,
woher wollen Sie eigentlich wissen, dass ich Fragestellern nicht gerne antworte? Das ist eine Unterstellung, die ich für frech halte. Als direkt gewählter Volksvertreter im Europäischen Parlament ist es meine Aufgabe, in der europäischen Politik die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Dafür halte ich engen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern und ihren Verbänden und Vereinigungen in Deutschland. Dazu gehört auch, auf alle ernst gemeinten Bürgeranfragen so schnell und so ausführlich zu antworten wie es mir möglich ist.
An etwa drei Tagen jede Woche nehme ich an Sitzungen der beiden Fachausschüsse, denen ich angehöre, des Auswärtigen und des Konstitutionellen Ausschusses teil. Ferner nehme ich an Fraktionssitzungen der Sozialdemokratischen Partei Europas, an Sitzungen der Gruppe der deutschen SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament und an zahlreichen anderen Sitzungen von Arbeitsgruppen zu den unterschiedlichen Themen der aktuellen Politik teil. Zum Tagesablauf gehört auch der häufige Austausch mit in- und ausländischen Gesprächspartnern. Auf alles muss ich mich jeweils inhaltlich vorbereiten. Eine Woche im Monat ist eine Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg. In alle Sitzungen versuche ich, die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland in die europäische Politik einzubringen. Den Rest meiner (wenigen) verbleibenden Zeit bringe ich mit Terminen im Wahlkreis zu. Ich kann ohne Übertreibung von einer 60-Stundenwoche sprechen.
Ich entscheide, wie jeder Abgeordnete, selbst nach bestem Wissen und Gewissen wie ich abstimme. Als Orientierungshilfe dienen mir das Abstimmungsverhalten der "Experten" der Fraktion für die Themengebiete, in denen ich nicht selbst "Experte" bin sowie die Diskussionen in meiner politischen Fraktion zur Kompromissfindung vor der Abstimmung im Plenum. Die ist im Europäischen Parlament besonders schwierig. Wir beschließen im Europäischen Parlament europäische Gesetze, die für jeden EU-Mitgliedstaat verbindlich sind. Meinen Parteichef muss ich vor Abstimmungen nicht fragen und ich habe es in dreißig Jahren auch noch nie getan.
Ich bin für die Fortsetzung der 2005 begonnenen Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei. Die EU muss die - leider - bereits gemachten Zusagen einhalten. Mit beiden Beitrittskandidaten werden ergebnisoffene Beitrittsverhandlungen geführt, d. h. an ihrem Ende kann auch die Verweigerung des Beitritts stehen. Die Verhandlungen mit Kroatien könnten möglicherweise 2009 abgeschlossen werden. Ein Abschluss der Verhandlungen mit der Türkei ist bisher nicht absehbar. Die Türkei ist weit davon entfernt, die Beitrittskriterien zu erfüllen. Zwar würde eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU einige positive Aspekte mit sich bringen, insgesamt überwiegen jedoch nach meiner Meinung die Nachteile. Ich setze mich daher nicht für die EU-Vollmitgliedschaft der Türkei ein, sondern für eine andere Form der engen Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei. In dem Zusammenhang ist es mir nur wichtig zu betonen, dass ich die volle Integration der in Deutschland und in anderen EU-Staaten lebenden türkischen Mitbürger ausdrücklich befürworte und unterstütze. Das muss unabhängig davon geschehen, ob die Türkei EU-Mitglied ist oder nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Hänsch