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Frage von Andreas A. •

Frage an Klaus Hänsch von Andreas A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Herr Hänsch,

Sie sind der Erste in der Liste, so trifft Sie die Frage.

Wo bekomme ich zugang zum EU Grundlagenvertrag?
(Also wo kann ich den genauen Wortlaut nachlese?)[Kann ich mir den zuschicken lassen?]
Und stimmt es, dass in diesem Vertrag die volle Privatisierung des Öffentlichen Diensts in allen EU Staaten vereinbart wurde?

Gruß
Herr Austin

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Austin,

Den EU-Grundlagenvertrag - oder wie er in Deutschland üblicherweise genannt wird: EU-Reformvertrag - können Sie über folgenden Internet-link auf der Seite der Europäischen Union finden:
http://www.consilium.europa.eu/cms3_fo/showPage.asp?lang=de&id=1317&mode=g&name=.
Da es sich um einen sogenannten Artikelvertrag handelt, der nur aufführt, was an den geltenden EU-Verträgen geändert wird, ist dieser Text nur verständlich, wenn man die geltenden Verträge daneben hält. Diese Intransparenz ist eine Folge der Ablehnung des Verfassungsvertrages.
An der Universität Leipzig hat man bereits eine besser lesbare konsolidierte Fassung hergestellt, die ich Ihnen in der Anlage schicke. Sie müssen aber wissen, dass das keine offizielle Fassung ist.

Im Reformvertrag wurde nichts zur Privatisierung des Öffentlichen Dienstes vereinbart. Es bleibt bei Artikel 295 EG-Vertrag (der künftig "Vertrag über die Arbeitsweise der Union" heißt): "Dieser Vertrag läßt die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt."
Das bedeutet:
* Die EU mischt sich nicht ein, ob das, was wir in Deutschland "Öffentlichen Dienst" nennen, öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert wird. Diese Frage wird allein in Deutschland entschieden.
* Vielleicht haben Sie jedoch Liberalisierung der öffentlichen Dienstleistungen gemeint. Sie ist in der Tat mit dem europäischen Binnenmarkt verbunden. Schon auf Grund der heute geltenden Verträge, nicht erst durch den EU-Reformvertrag, müssen sich die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Verkehr, Post, Telekommunikation etc) Wettbewerbern aus den anderen EU-Mitgliedstaaten öffnen. Davon ausgenommen sind nicht-wirtschaftliche Sozial- und Gesundheitsdienste.
* Neu ist im Reformvertrag, daß die Rahmenbedingungen für die Öffnung durch das Europäische Parlament und den Rat beschlossen werden. Es kommt also auf die Ergebnisse der Europawahlen an.
* Parlament und Rat müssen beachten, dass die Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung dafür zuständig sind, diese Dienste der Daseinsvorsorge zu organisieren und zu finanzieren (Artikel 14 des Vertrages über die Arbeitsweise der Union).

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Hänsch