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Frage von Michaela H. •

Frage an Klaus Hänsch von Michaela H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hänsch,

beim Hören Ihres Interviews heute morgen im DLF habe ich mich geärgert, dass Sie als einzige Mittel einer Personalisierung der EU-Politik den Lissabon-Vertrag und europaweite Volksentscheide genannt haben. (Bei der Notwendigkeit von letzterem bin ich sogar einverstanden).

Meine Frage: Warum traut sich niemand an das Wahlrecht ran? Wir wählen starre Listen, also keine Kandidaten direkt. Sehen Sie Mehrheiten und Initiativen, dieses völlig unzureichende Wahlsystem zu reformieren?

Viele Grüße
Michaela Hintz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hintz,

die Wahl in Wahlkreisen nach dem Mehrheitsprinzip hätte zur Folge, dass die großen Parteien CDU/CSU und SPD in Deutschland fast alle Wahlkreise gewinnen würden (evtl. bis auf einen oder zwei für die Linke in Ostdeutschland). Die kleineren Parteien wie die FDP oder die Grünen wären dann nicht mehr im Europäischen Parlament vertreten. Deswegen hat sich die Bundesrepublik bisher immer gegen das reine Mehrheitswahlrecht in Wahlkreisen entschieden. Wie Sie wissen wird auch die Hälfte der Bundestagsabgeordneten über Parteilisten gewählt. Wenn man das bislang für den Bundestag geltende "gemischte" Wahlrecht auch für die Europawahl anwenden würde, müsste die Bundesrepublik in 50 Wahlkreise eingeteilt werden (bei der Bundestagswahl sind es etwa 250 Wahlkreise). Diese wären riesig. Im Übrigen bekämen wir ein Problem mit evtl. entstehenden Überhangmandaten, weil die Zahl der Deutschland zustehenden Mandate im Europäischen Parlament im EU-Vertrag auf 99 festgesetzt ist. Selbst Großbritannien hat vor zehn Jahren das dort ursprünglich auch bei den Europawahlen angewandte Mehrheitswahlrecht zugunsten der Wahl von regionalen Listen abgeschafft.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Hänsch