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Frage von Dustin S. •

Frage an Klaus Brandner von Dustin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Brandner,

ich plane seit längerer Zeit, auf Grund von erheblichen persönlichen Differenzen zwischen mir und meinem Vater, den Mädchennamen meiner Mutter anzunehmen. Ich bin momentan 17 Jahre alt und mein Vater will dem Antrag zustimmen. Als ich eben einen Stapel Formulare von meiner Mutter bekam, ereilte mich ein Wutanfall, der seinesgleichen sucht:
Nach einem Gesetz von 1938(!) können Gebühren in Höhe von 2,56€-1.022,58€ für eine Namensänderung erhoben werden. In meinem Fall ist im Kreis Gütersloh ein Betrag von 200€ festgesetzt.
Hinzu kommen Kosten für ein Führungszeugnis in Höhe von 30€.

Meine Mutter müsste für ihre Namensänderung einen Betrag von 17€(!) bezahlen und hat weder einen enormen bürokratischen Aufwand, noch muss sie ein Führungszeugnis nachweisen.

Da meine Mutter alleinerziehend ist, reißt ein solcher Betrag ein großes Loch in die Haushaltskasse.
Schon alleine an dem Datum des Gesetzes zeigt sich, dass dieses Gesetz hinfällig ist. Zudem zeigt die Namensänderung von Geschiedenen, dass es auch erheblich günstiger und unbürokratischer ablaufen kann.

Ich sehe dadurch meine persönlichen Bürgerrechte gefährdet und würde mir wünschen, wenn Sie diesen Missstand im Bundestag ansprechen würden.

Mit freundlichen Grüßen

Dustin Siebert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Siebert,

danke für Ihre Email, die ja ein sehr persönliches Problem beschreibt.

Das Namensrecht ist etwas komplizierter, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Sehen Sie es mir bitte nach, dass ich daher etwas weiter aushole.

Lassen Sie mich zunächst etwas zum geschichtlichen Hintergrund des Namensrechts und des Namensänderungsgesetzes ausführen. Die Familiennamen sind im Laufe des Mittelalters entstanden. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts durfte man in Deutschland seinen Familiennamen nach Belieben austauschen oder ändern, vorausgesetzt man verfolgte damit keine betrügerische Absicht. Um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert setzte sich aber in den meisten Ländern das Bestreben nach Namenskontinuität durch. Seitdem darf der Einzelne in Deutschland seinen Namen nicht mehr frei wählen oder willkürlich verändern, sondern es gilt das Prinzip der Unveränderlichkeit einmal erworbener Namen. Änderungen sind dementsprechend nur noch mit staatlicher Genehmigung, also durch Verwaltungsakt, möglich. Eine reichseinheitliche Regelung über die Führung der Familiennamen kam mit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 1. Januar 1900. Für das Namensänderungsrecht waren aber weiterhin die Länder zuständig. Es ist richtig, dass das Namensänderungsgesetz im Jahr 1938 erlassen wurde. Damit wurden die einzelnen landesrechtlichen Bestimmungen vereinheitlicht und ein einheitliches Namensänderungsrecht geschaffen. Der bloße Umstand, dass ein Gesetz aus dem Jahr 1938 stammt, bedeutet nicht notwendigerweise, dass es durch nationalsozialistische Ideologie motiviert war. Solche Gesetze wurden nach 1945 durch den Alliierten Kontrollrat weithin aufgehoben.

Auch stellte das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. März 1958 fest, dass der Teil des Namensänderungsgesetzes, der in das Recht der Bundesrepublik übernommen wurde, lediglich die Vereinheitlichung der landesrechtlichen Vorschriften darstellt und daher als politisch unbelastet angesehen werden kann. Das Namensänderungsgesetz ist also nach den Artikeln 74 Nr. 2 und 125 GG Bundesrecht geworden.

So viel zur Historie. Jetzt zu Ihrer Frage, warum die Namensänderung für Sie einen so großen bürokratischen Aufwand darstellt, für Ihre Mutter hingegen nicht. Ihre Mutter kann nach § 1355 Abs. 5 BGB nach einer Scheidung ihren Geburtsnamen wieder annehmen. Dies muss sie lediglich gegenüber dem Standesbeamten erklären. §1355 (5) BGB lautet: „Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat, […].“ Das Regelungssystem des BGB bietet jedoch keine Rechtsgrundlage für die Namensänderung von Kindern, die den Ehenamen ihrer Eltern als Geburtsnamen erhalten haben und nach Trennung der Eltern und Wiederannahme des früheren Namens des nicht wiederverheirateten allein sorgeberechtigten Elternteils dessen Nachnamen erhalten sollen. Bei der Änderung des Familiennamensrechts im Jahr 1993 hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, diese Namensänderung zivilrechtlich zu regeln.

Die Namensänderung von Kindern geschiedener Eltern, rechtlich als Scheidungshalbwaisen bezeichnet, ist nach dem Familienrecht nur dann möglich, wenn der allein sorgeberechtigte Elternteil wieder heiratet und den Namen des neuen Ehepartners annimmt. Diese Einbenennung dient der Integration des Kindes in die neue Familie.

Wenn Sie also Ihren Geburtsnamen ändern und den Mädchennamen Ihrer Mutter annehmen wollen, so ist dies nur auf Grundlage des Namensänderungsgesetzes, also nicht auf zivilrechtlicher, sondern nur auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage möglich.

Es besteht ein öffentliches Interesse an der Kontinuität und Unveränderlichkeit des Namens, denn der Name ist ein bedeutendes Identifikationsmerkmal und hat eine wichtige soziale Ordnungsfunktion. Das Bundesverfassungsgericht hat das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens bestätigt und sieht darin, dass man seinen Namen nicht beliebig frei wählen oder ändern kann, keine Einschränkung des Persönlichkeitsrechts. Nach dem Namensänderungsgesetz (NÄG) darf ein Name daher nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 NÄG ist nach der Rechtsprechung nur dann gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Antragstellers an der Namensänderung so wesentlich ist, dass die Belange der Allgemeinheit, die in der Regel die Beibehaltung des bisherigen Namens fordern, zurücktreten müssen. Die Behörde, die über Ihren Antrag entscheidet, muss also abwägen zwischen Ihrem schutzwürdigen Interesse an der Namensänderung einerseits und dem öffentlichen Interesse andererseits. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV) von 1980 regelt hierzu die Grundsätze: Nr. 30 Abs. 2: „Da der Familienname grundsätzlich nicht zur freien Verfügung des Namensträgers steht, kommt z.B. eine Namensänderung nicht in Betracht, wenn sie nur damit begründet wird, dass der bestehende Name dem Namensträger nicht gefällt […].“

Nr 40 ff regelt die Änderung des Familiennamens von Kindern aus familiären Gründen. Allerdings heißt es in Nr 40 Abs 2, dass „eine nur emotionale Ablehnung des nicht sorgeberechtigten Elternteils durch das Kind für sich allein die Namensänderung nicht zu rechtfertigen vermag“. Ein Führungszeugnis wird deshalb von Ihnen verlangt, um betrügerische Absichten auszuschließen.

Hierzu heißt es in Nr. 30 Abs. 4 der NamÄndVwV: „Da der Familienname ein wichtiges Identifizierungsmerkmal ist, besteht ein öffentliches Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens. Steht der Antragsteller im Schuldnerverzeichnis, so ist der Antrag in der Regel abzulehnen. Ergibt sich aus dem Führungszeugnis, dass der Antragsteller erheblich oder wiederholt vorbestraft ist, oder sind Strafverfahren (einschließlich Ermittlungsverfahren) anhängig, so soll dem Antrag nur entsprochen werden, wenn gegen die Änderung des Familiennamens unter dem Gesichtspunkt künftiger Identifizierung keine Bedenken bestehen. Bei Kindern und Heranwachsenden wiegt der Gesichtspunkt der Beibehaltung des überkommenen Namens weniger schwer als bei Erwachsenen, die im Berufsleben, im Rechtsverkehr und Behörden gegenüber schon häufiger unter ihrem Familiennamen in Erscheinung getreten sind.“

Für das Verfahren der Namensänderung und damit auch für die Festsetzung der Gebühren sind die örtlichen Verwaltungsbehörden zuständig, also in Ihrem Fall die Gemeindeverwaltung Verl und die Kreisverwaltung des Kreises Gütersloh.

Lieber Herr Siebert, ich habe mir besondere Mühe gegeben, Ihnen diese sehr komplizierte Rechtsmaterie darzulegen und hoffe, ich konnte mit diesen Ausführungen Ihren Groll gegen die Bürokratie ein wenig besänftigen. Verwaltungsvorschriften sind nicht entstanden, um Bürgerinnen und Bürger unnötig zu gängeln. Auch wenn sie manchmal lästig sind und zuweilen einen hohen Aufwand verursachen, haben Verwaltungsvorschriften - gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit - durchaus ihre Berechtigung und ihren Sinn.

Gern können Sie mich übrigens auch auf direktem Wege ansprechen, und zwar telefonisch über mein Wahlkreisbüro in Gütersloh (05241-29005) oder per Email unter klaus.brandner@wk.bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Brandner