Frage an Kirsten Tackmann von Michael P. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau MdB Dr. Tackmann,
auf der Internetseite des - im Deutschen Bundestag akkreditierten (!) - Lobbyverbandes AfA heißt es, ich zitiere nachstehend :
- Soweit die Interessen der BVVG und der Alteigentümer gleichgelagert sind, findet eine wechselseitige Abstimmung und Unterstützung statt. Das gilt insbesondere in der Weise, dass beide gemeinsam versuchen, die "Verweigerungshaltung" mancher Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen zu durchbrechen, den Begünstigten die für den Flächenerwerb erforderlichen Teilbescheide über die "gekürzte Bemessungsgrundlage" zu erteilen. Dieses Vorgehen macht - insbesondere gegenüber dem LARoV Brandenburg Fortschritte.
- Die AfA unternimmt alle Anstrengungen, die noch zu privatisierenden Flächen den Alteigentümern vorzubehalten. Sie hat deshalb einen neuerlichen Vorstoß gegenüber der EU-Kommission in Brüssel unternommen, um zu verhindern, dass forstwirtschaftliche Flächen zum Zwecke der Bewirtschaftung an Naturschutzverbände abgegeben werden.
Quelle :
http://www.afa45-49.de/index6.htm
Meine Fragen an Sie :
1. Tragen SIE es persönlich mit, dass "dieses Vorgehen insbesondere gegenüber dem LARoV Brandenburg Fortschritte macht" ?
2. Wissen Sie persönlich um die Tatsache, dass vollmachtlose Vertreter der BVVG sich das vormalige "Eigentum des DDR-Volkes" im Ergebnis und über Drittländer (sowie zu Spottpreisen) selber verkauften und verkaufen ??? - (Ich verweise in diesem konkreten Kontext auch auf meine entspr. öffentlichen Fragen an MdB Bahr (SPD) und MdB Dr. Terpe (B.-90 / Grüne - und bitte Sie, die entspr. Antworten dieser Bundestagsabgeordneten bzgl. der fragwürdigen BVVG-Machenschaften unter abgeordnetenwatch.de zur Kenntnis zu nehmen).
Quellen:
http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_harald_terpe-650-6067.html
http://www.abgeordnetenwatch.de/ernst_bahr-650-6004.html
Meine letzte Frage an Sie, Frau MdB Dr. Tackmann :
3. Lassen SIE es tatsächlich zu, dass das BVVG-Eigentum des Volkes derart dreist verschachert wird ??
MfG
M. Peiffer
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
Sie sprechen da ein Problem an, dass gerade die LINKE sehr intensiv in und außerhalb von Bundes- und Landtagen immer wieder thematisiert hat.
Vorweg jedoch kurz und bündig die Antwort auf die drei persönlichen Fragen:
Zu 1: Nein. Im Gegenteil: schon die PDS war gegen den Privatisierungszwang der BVVG und hätte das Volkseigentum an Boden lieber in einen Bodenfond übernommen. Das hätte die von Ihnen beanstandeten Vorgänge von vornherein unmöglich gemacht. Interessanterweise sehen das unterdessen auch LandespolitikerInnen so, die diese Lösung damals verhindert haben. Zu 2: Die zu Ihrer Petition vom Petitionsausschuss verfasste Stellungnahme ist mir zugeleitet worden, insofern weiß ich um die "Vetternwirtschaft". Zu 3: Verschachern durch Seilschaften und persönliche Beziehungen lehne ich grundsätzlich ab. Zum konkreten Fall verweise ich auf die Antwort auf Frage 1.
Darüber hinaus erlauben Sie mir bitte folgende Bemerkungen: Die Grundstücksgeschäfte der BVVG als größte Landeigentümerin in Deutschland sind und bleiben umstritten. Durch die von den Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD und auch von den Grünen forcierte Bodenprivatisierungspolitik ist es kein Wunder, dass auch Vetternwirtschaft in Landgeschäften entsteht. Sogar der Petitionsausschuss des Bundestags hat Ihnen in der Sache ja eine Bestätigung geliefert. Das ist durchaus nicht selbstverständlich, weil er ja die gleichen politischen Mehrheiten hat. Dass der Lobbyverband Afa versucht, eigene Interessen auch innerhalb der BVVG durchzusetzen, ist für mich nichts Neues. Daher wäre es umso wichtiger gewesen, dass in der Bodenverkaufspolitik der BVVG größtmögliche Transparenz hergestellt wird. Aber das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Die PDS hatte sich, wie bereits erwähnt, im Bundestag und in den Landtagen bereits in den früheren Wahlperioden gegen die Privatisierung der ehemals volkseigenen Flächen und für langfristige Verpachtung oder - wie im Naturschutz - Nutzungsüberlassung ausgesprochen. Die (politisch gewollten!) Ziele der BVVG - Privatisierung, über Ausschreibungsverfahren höchstmögliche Erträge bei den Bodenverkäufen zu erzielen, haben wir immer kritisiert. Weil völlig klar war, dass dies zu dramatischen Konsequenzen in den Eigentums- und Besitzstrukturen in den östlichen Bundesländern führen würde. Übrigens war die ostdeutsche Agrarstruktur die einzige, die sich nach der politischen Wende als ökonomisch stark genug erwiesen hat, um den Wechsel im Wirtschaftssystem und die damaligen gezielten Zerschlagungsversuche zu überleben. Im Ergebnis der BVVG-Aktivitäten gerät der gesamte Bodenmarkt in Ostdeutschland zusätzlich unter Druck, denn aus Gründen der Bodenspekulationen sind ja bundesweit die Preise ohnehin gestiegen. Das Ansteigen der Boden- und Pachtpreise belastet die Wertschöpfung in den ländlichen Räumen und die Betriebsgrundlagen der einheimischen Landwirtschaftsbetriebe, die ja oft eine geringe Kapitaldecke haben, weil sie zum Beispiel noch Altschulden abarbeiten mussten. Spekulationsinteressen von Kapitalgesellschaften wie beispielsweise der KTG verschärfen den Verdrängungswettbewerb, den auch die langfristig ökonomisch und ökologisch sinnvoll agierende Akteurinnen und Akteure in den Regionen immer öfter drohen zu verlieren.
Die schnelle und ausschließlich auf kurzfristige Gewinnmaximierung orientierte Bodenprivatisierung schadet der ökonomischen, ökologischen und sozialen Leistungsfähigkeit der Agrarstruktur. In vielen Dörfern ist das bereits zu einer leidvollen Erfahrung geworden. Der Aufwandsanteil aus land- und forstwirtschaftlichen Erträgen für die Begleichung von Pachtzinsen und Bodenkäufen ist im gleichen Zeitraum gestiegen, wie auch viele Betriebsmittelausgaben nach oben geschnellt sind. Das frisst die in einigen Segmenten zeitweise höheren Erzeugerpreise längst wieder auf. Die leistungslosen Erträge aus Pacht und Kauf von landwirtschaftlichen Nutzflächen kommen immer häufiger Menschen und Unternehmen zu Gute, die nichts mit der auf den Flächen erzielten Wertschöpfung zu tun und keine Verwurzelung in der Region haben. Ausgehend von den im Vergleich zu Westdeutschland zunächst geringeren Pacht- und Bodenpreisen ist allein durch den Umfang der geplanten BVVG - Verkäufe Spekulationsinteresse geweckt worden. Die BVVG als bundeseigene Gesellschaft ist erkennbar zum Preistreiber bei Boden- und Pachtpreisen geworden und spielt damit den Interessen von Spekulanten in die Hände. Zudem fühlt sich die BVVG als Bundeseinrichtung nach unseren Informationen auch nicht an die gesetzlichen Vorgaben durch das Grundstücksverkehrsgesetz gebunden, was ich für aberwitzig halte, denn sie handelt im aus privatwirtschaftlichem Interesse, wenn auch in gesetzlichem Auftrag ? das macht sie aber aus meiner Sicht nicht zum auf das Gemeinwohl orientiert Agierenden, im Gegenteil. Das Gesetz wird damit leider zu einem zahnlosen Tiger gemacht, obwohl die Durchsetzung des Geistes dieses Gesetzes durchaus möglich ist. Die Bodenmarktentwicklung erhöht natürlich noch das Interesse unter anderem der Alteigentümer, die in der "AfA" organisiert sind und ihre vermeintlichen Ansprüche durchzusetzen versuchen. Hinzu kommt aber, dass auf dem gesamten Bodenmarkt Intransparenz herrscht. So ist es aktuell unmöglich, ein halbwegs exaktes Bild über die Bodeneigentumsverhältnisse in Deutschland zu bekommen. Das hat mir auch die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage bestätigt, in der es um Bodenkäufe von Energie- und Saatgutkonzernen ging. Aber Grund und Boden ist nicht vermehrbar und damit kartellartige Eigentumskonzentrationen mehr als problematisch, erst Recht in nicht landwirtschaftlichen Händen. Es dürfte damit klar sein, dass ich das "Verschachern" der BVVG Flächen inakzeptabel finde. Auf meiner Homepage können Sie sehen, dass ich immer wieder die Problematik BVVG thematisiert habe, unter anderem auch im Rahmen meines parlamentarischen Fragerechts. Auch beim Vorstellungsbesuch der neuen Agrarministerin Aigner im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz habe ich sie zum Handeln aufgefordert.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kirsten Tackmann (MdB)