Frage an Kirsten Tackmann von Klaus S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Aus gegebenem Anlass frage ich Sie, was halten Sie von einem Militärischen Eingreifen des "Westens" in den Bürgerkrieg in Syrien? Sind Sie dafür oder dagegen? Falls Sie dafür sind, befürworten Sie auch den Einsatz der Bundeswehr? Falls Sie gegen einen Militärisches Eingreifen sind, was denken Sie könnte die Weltgemeinschaft und im speziellen Deutschland statt dessen tun um das Morden zu stoppen?
Sehr geehrte Herr Simon,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu Syrien. Für DIE LINKE als Friedenspartei ist das ein ganz zentrales Thema – nicht nur im Wahlkampf! Doch leider entwickelt sich der Syrien-Konflikt so, dass daraus nun ein Wahlkampfthema in Deutschland wird, so zynisch das angesichts der Lage im Nahen Osten auch sein mag.
Um es vorweg ganz klar zu sagen: Ich bin gegen ein militärisches Eingreifen in politische Konflikte, weil Krieg keine Lösung ist, sondern Probleme verschärft. Deshalb habe ich selbstverständlich als Bundestagsabgeordnete auch gegen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr gestimmt.
Dieses Prinzip gilt auch für die Situation in Syrien. Das heißt ausdrücklich nicht, sich aus Konflikten herauszuhalten, sondern frühzeitig und konsequent eine politische Lösung zu fordern und zu ihrer Findung beizutragen. Dazu gehört, die Anwendung von Giftgas generell und gegen Zivilbevölkerung erst Recht zu ächten, unabhängig davon, wer sie angewandt hat. Aber die Suche nach einer politischen Verhandlungslösung ist alternativlos. Mit dem geplanten Einsatz von Marschflugkörpern und Raketen gegen die syrische Armee würden alle Chancen auf eine friedliche Lösung des Konfliktes in dieser so hochsensiblen Region im Nahen Osten vernichtet. Die USA, Frankreich, Großbritannien und einige anderen Staaten wollen diese militärische Strafaktion gegen Assad, ohne sagen zu können, was tatsächlich damit erreicht werden soll und unter Inkaufnahme von zivilen Opfern. Ich halte das für fatal. Die Kriegsgefahr steigt damit in der gesamten Region. Die vielen Konflikte könnten eskalieren und die Situation völlig unbeherrschbar werden. Wem also soll diese Bombardierung oder ein Einmarschieren nutzen? Für DIE LINKE ist Beides inakzeptabel. Außerdem verstößt eine militärische Strafaktion gegen Syrien gegen das Völkerrecht (UN-Charta von 1945).
„Jede weitere Anfeuerung des Syrien-Krieges wird auf die Länder dieser Region ausstrahlen. Als erstes würde der Libanon in den Strudel gerissen, dann Jordanien und vielleicht sogar der Iran“, schätzt beim Kollege Wolfgang Gehrcke die aktuelle Lage ein. Selbst wenn sich Deutschland nicht direkt am Krieg gegen Syrien beteiligen sollte, wird die Bundesregierung ihn vermutlich indirekt dennoch unterstützen. DIE LINKE lehnt das entschieden ab.
Den Einsatz von Chemiewaffen verurteile ich auf das Schärfste. Das war ein inakzeptabler Tabubruch. Es muss gründlich und unabhängig untersucht werden, wer dafür verantwortlich ist. Die Verantwortlichen müssen in Den Haag vor Gericht gestellt werden. Das ist die Sanktion, die in einem solchen Fall vorgesehen ist. Krieg hingegen ist die falsche Antwort. Jeder Angriff von außen wird die Situation für die Menschen verschlechtern, nicht verbessern.
Übrigens standen am Beginn aller Kriege Lügen. 2003 wurden den UN gefälschte Beweise vorgelegt als Vorwand für den Krieg gegen den Irak. Deshalb ist eine unabhängige Untersuchung und Bewertung wichtig.
Das letzte was wir uns historisch leisten können, ist Deutschland als aktive Konfliktpartei im Nahen Osten. Aus Sicht der LINKEN gibt es keine andere Lösung, als eine politische. Bomben schaffen keinen Frieden. Ganz im Gegenteil haben sie das Potential, den gesamten Nahen Osten zu destabilisieren. Die Waffenlieferungen an beide Seiten müssen daher sofort gestoppt werden, wobei DIE LINKE generell ein Rüstungsexportverbot fordert. Danach ist eine internationale Friedenskonferenz zu organisieren und der politische Dialog erneut ohne Vorbedingungen aufzunehmen.
Weitere Infos finden Sie im Kurzinterview mit Gregor Gysi: http://www.youtube.com/watch?v=3VbJGoaJRKY
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kirsten Tackmann