Frage an Kirsten Lühmann von Dr. Susanne H.
Sehr geehrte Frau Lühmann,
ist Ihnen die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages "WD 2 - 163/12 – Parlamentarische Zustimmungsvorbehalte bei Auslandseinsätzen der EU- und NATO-Mitgliedstaaten" bekannt?
Der Bundestag bezieht sich bei den militärischen Einsätzen auf den Artikel 24.2 Grundgesetz. Dieser Artikel spricht erlaubt friedenswahrende Bündnisse einzugehen, aber keinesfalls miliitärische Ausbildungshilfen in ausländischen Kriegsgebieten zu geben.
Wie beurteilen Sie die Aussage des Wissenschaftlichen Dienstes, daß Artikel 24.2 Grundgesetz nicht geeignet ist, die Auslandseinsätze zu rechtfertigen?
Ich schlußfolgere: Auslandseinsätze der Bundeswehr, auch in Somalia, stellen Grundgesetzverstöße dar!
Eine abschließende Frage: Wie stehen Sie zur pazifistischen Tradition der SPD und halten Sie diese noch für eine Volkspartei?
Danke für Ihre Auskünfte schon im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Susanne Hilken
Sehr geehrte Frau Dr. Hilken,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich habe mir das von Ihnen zitierte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes aus dem Jahr 2012 angeschaut. Das Zitat, das Sie anführen, findet sich nicht in dem Gutachten. Am 12. Juli 1994 verkünden die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe ihr maßgebliches Urteil zu den rechtlichen Grundlagen für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Nach diesem Urteil und nach allen folgenden stehen die Einsätze im Einklang mit dem Grundgesetz. Demnach berechtigt der Artikel 24 Absatz 2 GG die Bundesrepublik nicht nur zum Eintritt in ein System kollektiver Sicherheit. Er befugt die Bundesrepublik auch dazu, die mit dieser Mitgliedschaft verbundenen Aufgaben zu übernehmen. Gleichzeitig stellten die Verfassungsrichter unmissverständlich klar, dass vor einem Einsatz der Bundeswehr die Regierung grundsätzlich dazu verpflichtet ist, die Zustimmung des Bundestages mit einfacher Mehrheit einzuholen.
Nach den Terroranschlägen von Paris hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen alle Nationen dazu aufgerufen, die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung des sogenannten IS in Syrien zu ergreifen (Resolution 2249 vom 20. November 2015).
In dieser Resolution heißt es unter anderem: Die Nationen werden aufgefordert, "sofern es ihnen möglich ist, sich dem Kampf gegen den IS anzuschließen und ihre Anstrengungen zur Verhinderung von weiteren Angriffen der Gruppe zu verdoppeln." Die Staaten werden zudem dazu aufgerufen, "in den vom IS kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien mit allen Mitteln in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, der UN-Charta und den Menschenrechten tätig zu werden, um Terrorakten zuvorzukommen, diese zu unterbinden sowie die Rückzugsräume zu zerstören."
Deutschland unterstützt Frankreich auch im Rahmen der Beistandspflicht unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Diese Pflicht steht in Artikel 42 (7) des EU-Vertrags. Die Entsendung erfolgt im Rahmen und nach den Regeln eines "Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit" nach Artikel 24 (2) des Grundgesetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann