Frage an Kirsten Lühmann von Nick S. bezüglich Gesundheit
Ich bitte sie die aktuelle Coronahysterie zu unterbrechen und sich folgenden Themen anzuschließen. Ich fühle mich unsicher und voller Angst über die politischen Schlussfolgerungen der Daten und Fakten, welche mir nicht transparent genug sind.
Erstens muss die mediale Kommunikation unbedingt auf eine evidenzbasierte Risikokommunikation umschwenken und von absoluten positiven Testzahlen auf bewertbare Größen wie z.B. die Positivenrate in % oder klinisch relevante Infektionen und Belastungen bezogen auf eine Region und deren medizinische Kapazität umschwenken.
Zweitens sollten ungezielte Massentestungen durch repräsentative Stichproben ersetzt werden und die Testkapazität auf besonders exponierte Gruppen (z.B. im Gesundheitswesen und in Pflegeberufen) sowie Hochrisikogruppen konzentriert werden.
Drittens ist eine kontinuierliche wissenschaftliche Folgenbewertung und -abschätzung aller politisch getroffener Maßnahmen erforderlich, die dann auch zu einer kurzfristigen Änderung des bisherigen Strategie führen kann und bei erwiesener Nutzlosigkeit führen muss.
Nur ein vierter Punkt muss noch ergänzt werden: Die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit präventiver Maßnahmen, die jeder einzelne selbst treffen kann und die zur Stärkung des Immunsystems führen, muss viel breiter in der Öffentlichkeit publiziert werden.
Die Bundeskanzlerin sprach davon, dass es ja nicht ewig dauern würde. Wann wäre denn das Ende? Nach kurzem Überschlagen wird es noch Jahre so weiter gehen.... oder?
Danke das sie bis hierher gelesen haben! Bitte nehmen sie ihre Verantwortung ernst und holen sich die parlamentarischen Rechte zurück.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Corona-Pandemie konfrontiert uns alle seit März mit einer nie dagewesenen Situation und verlangt jedem und jeder Einzelnen viel ab. Die pandemische Lage war und ist weiterhin sehr dynamisch. Insbesondere zu Beginn der Pandemie gab es in sehr kurzen Abständen immer wieder neue, komplexe Erkenntnisse. Zusätzlich – und, wie ich finde, besonders erschwerend – kommt hinzu, dass viele Falsch- und Fehlinformationen kursieren.
Ich kann gut nachvollziehen, dass diese Situation bei Ihnen Unsicherheit und Angst auslöst.
Natürlich ist es sehr wichtig, dass die Kommunikation rund um das Coronavirus verständlich und nachvollziehbar ist. Hierbei sind die absoluten Fallzahlen allerdings ebenso wichtig wie zum Beispiel die Inzidenz auf 100.000 Einwohnende. Das Robert Koch-Institut stellt hierzu fest: "Die absolute Zahl der Neuinfektionen muss klein genug sein, um eine effektive Kontaktpersonennachverfolgung zu ermöglichen und die Kapazitäten von Intensivbetten nicht zu überlasten (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/Nowcasting.html). Neben der 7-Tage-Inzidenz, stellt das Robert Koch-Institut unter anderem täglich die Reproduktionszahl R, die Todesfälle (absolut und auf 100.000 Einwohnende) und die gemeldeten Fälle der letzten 24 Stunden zur Verfügung. Auch gibt das RKI täglich die ungefähre Anzahl der Genesenen an. Informationen zu den verfügbaren medizinischen Kapazitäten werden vom DIVI-Intensivregister tagesaktuell zur Verfügung gestellt (siehe: https://www.intensivregister.de/). Zuletzt möchte ich festhalten: Auf die Berichterstattung in den Medien hat die Politik keinen Einfluss. Die Pressefreiheit ist ein grundlegender Aspekt einer demokratischen Gesellschaft.
Massentestungen sind in Deutschland nicht vorgesehen. Stattdessen konzentrieren wir die Testkapazitäten auf Personen in Gemeinschaftseinrichtungen, im Gesundheitswesen und auf Personen, die COVID-19 Symptome haben oder direkten Kontakt mit einer infizierten Person hatten. Weitere Informationen zur nationalen Teststrategie finden Sie auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronatest.html?fbclid=IwAR0qHNfE-dtxUMPXIHxOIq0aItRwe6P3G1LMz3LMHl0hy3b21NFl_0UbnAE.
Ihrem dritten Punkt stimme ich zu. Besonders in dieser Ausnahmesituation müssen wir den engen Kontakt mit der Wissenschaft suchen und unsere Strategien gegebenenfalls anpassen und genau das haben wir getan. Im März hatten wir es mit einer Gefahr zu tun, die wir nicht kannten und deren Ausmaß schwer einzuschätzen war. In der Zwischenzeit haben wir viel über das Virus gelernt. Das beeinflusst unsere Entscheidungen sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Positiv ist, dass die Quarantäne auf 10 Tage verkürzt werden konnte, weil wir jetzt genauer wissen wann infizierte Personen andere anstecken können. Wir wissen auch, dass die Infektion nach fünf Tagen nachgewiesen werden kann. Aus diesem Grund können sich Bürger und Bürgerinnen sozusagen nach fünf Tagen aus der Quarantäne „Raustesten“. Auf der anderen Seite wissen wir jetzt auch, dass die Immunität nach einer durchgemachten Infektion abnimmt und es auch bei jüngeren Personen zu langfristigen und weitreichenden Spätfolgen kommen kann.
Die Wichtigkeit von präventiven Maßnahmen ist unumstritten. Insbesondere die Einhaltung der AHA+L-Regel ist ein zentraler Bestandteil einer erfolgreichen Strategie zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Diese Maßnahmen sind besonders wichtig, da so jeder und jede aktiv dazu beitragen kann. Denn fest steht: die Corona-Pandemie wird uns noch einige Zeit begleiten. Wann wir die Pandemie überstanden haben werden, hängt von vielen Faktoren ab und kann nicht vorausgesagt werden. Die Verfügbarkeit von Impfstoffen ist ein großer und zentraler Schritt in dem Kampf gegen das Virus.
Auch mit Bezug auf Ihrem letzten Punkt kann ich Sie beruhigen. Es stimmt, dass wir einige Grundrechte einschränken mussten. Das tun wir allerdings nur dann, wenn die Situation es zwingend erfordert. Zu Beginn der Pandemie war zusätzlich noch nicht klar ob und in welchem Umfang das Parlament zusammentreten kann. Um schnell und in jedem Fall reagieren zu können, haben wir gewisse Rechte auf die Bundesregierung übertragen. Aber: Umso schwerer der Eingriff in die Grundrechte, umso mehr ist das Parlament gefragt. In den letzten acht Monaten hat der Bundestag insgesamt über 70 Beratungen mit Corona-Bezug durchgeführt und 27 Gesetze beschlossen. Unsere parlamentarischen Rechte haben weder ich noch meine Kollegen und Kolleginnen zu irgendeinem Zeitpunkt verloren. Es ist unsere Aufgabe als Abgeordnete, Ihre Belange im Parlament zu vertreten. Als Parlamentarier und Parlamentarierinnen haben wir die Pflicht, die Regierung zu kontrollieren und den Spielraum, innerhalb dessen sich die Regierung bewegen darf, präzise zu definieren. Genau diese Aufgabe haben wir auch mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz erfüllt.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.
Bleiben Sie gesund!
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann