Frage an Kirsten Lühmann von Felix S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Frau Lühmann!
Ich war sehr erfreut als die Bundesregierung den Nulltarif im ÖPNV in die Diskussion gebracht hat. Denn wenn die E-Autos kommen wird Autofahren so günstig, dass der ÖPNV mit Fahrpreisen kollabieren wird. Der VDV nennt 12 Mrd. Euro, die die Verkehrsbetriebe durch Fahrkarten verdienen. Heute höre ich in den Nachrichten dass der Solidaritätszuschlag 19 Mrd. Euro einbringt. Wäre es nicht besser, statt den Soli abzuschaffen, diesen zu nutzen den Nulltarif einzuführen? Damit lässt sich der ganze ÖPNV finanzieren und sogar deutliche Verbesserungen erreichen.
In den Fahrgeldeinnahmen sind auch die Steuergelder für den freigestellten Schülerverkehr enthalten. Wenn diese weiterhin an den ÖPNV gehen, können damit noch mehr Verbesserungen finanziert werden.
Ebenso kosten die Fahrpreise die Unternehmen und Gesellschaft einiges: Geldlogistik, Verwaltung der Tarife, Fahrkartenautomaten, Kartendrucker im Bus, Entwerter, Umlaufverlängerung der Busse durch Fahrkartenverkauf und Vorne-Einstieg, Aufwendungen der Fahrscheinkontrolle und der juristischen Ahndung des Schwarzfahrens. Alle Mittel, die hier frei werden können in einen besseren ÖPNV investiert werden.
Neue Arbeitsplätze im ÖPNV sparen 500 Euro für Hartz IV ein.
Der Soli bietet die einmalige Chance jetzt die Umsetzung des Nulltarifs einzuleiten und den ÖPNV dafür massiv auszubauen. Alle haben die Vorteile die der umweltfreundliche ÖPNV ökologisch und strukturell erzeugt. Auto und ÖPNV werden endlich optimal kombiniert. Verkehrsbetriebe werden verstärkt Busanhänger für Personen einsetzen, da die den Einstieg nicht mehr kontrollieren müssen, so dass die Platzkapazität recht preiswert deutlich ausgeweitet werden kann. Viele Züge könnten in Doppeltraktion fahren und es werden mehr Doppelstockzüge beschafft, wo die Bahnsteige nicht verlängert werden können.
Wäre es nicht besser, statt den Soli abzuschaffen jetzt mit einem fahrpreisfreien ÖPNV die Verkehrswende einzuleiten?
MfG. F. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die ab 2021 vorgesehene Abschaffung des Solidaritätszuschlags für über 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger stellt vor allem für Beziehende von kleineren und mittleren Einkommen eine wichtige Entlastung dar.
Die Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages nun wie von Ihnen angeregt nicht zur unmittelbaren Entlastung der Steuerzahlenden zu nutzen, um damit direkt den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu finanzieren, lehne ich ab. Zudem betrachte ich einen für die Nutzerinnen und Nutzer komplett kostenfreien Nahverkehr weder kurz- noch mittelfristig für umsetzbar, zumal dies auch von den Ländern bzw. den Aufgabenträgern umfangreich unterstützt werden müsste, da die ÖPNV-Finanzierung vordringlich Aufgabe der Länder ist. Wie die Erfahrungen in Modellstädten gezeigt haben, müsste dies gleichzeitig mit einer massiven Kapazitätsausweitung verbunden sein, die weit über die heutigen ÖPNV-Ausgaben hinausgeht, damit die zusätzlichen Fahrgäste dieses Angebot wahrnehmen können. Schon heute sind die Kapazitäten des ÖPNV insbesondere in Ballungsgebieten ausgeschöpft.
Von diesen Überlegungen unabhängig unterstützt der Bund die Städte und Gemeinden beim Ausbau neuer ÖPNV-Infrastruktur. So werden wir die Mittel von 333 Mio. Euro im Jahr 2019 auf 665 Mio. Euro in 2020 und dann ab 2021 auf eine Milliarde Euro jährlich anheben. Zudem hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, dass im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 die Mittel ab 2025 auf zwei Mrd. Euro jährlich zu erhöhen sind. Darüber hinaus beteiligt sich der Bund insbesondere an der Finanzierung der Bestellung von Schienenpersonennahverkehrsleistungen über die Regionalisierungsmittel: Die vom Bund an die Länder ausgezahlten Regionalisierungsmittel liegen im Jahr 2019 bei 8,651 Milliarden Euro und werden in den kommenden Jahren ebenfalls fortlaufend erhöht werden (Dynamisierung), zusätzlich werden zudem von 2020 bis 2031 insgesamt weitere 5,2 Mrd. Euro an Regionalisierungsmitteln bereitgestellt werden. Davon können je nach Priorisierung des jeweiligen Landtages entweder zusätzliche Verkehre oder auch die Ticketpreise weiter subventioniert werden.
Wir setzen uns außerdem für die schrittweise Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets ein und möchten dadurch erreichen, dass alle Bürgerinnen und Bürger flächendeckend in ihrer Region mit Bus und Bahn zu bezahlbaren Preisen - ein Euro am Tag - unterwegs sein können. Daher hat sich die SPD auch erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Bundesregierung in den Eckpunkten für das Klimaschutzprogramm 2030 nun 10 Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV finanziell unterstützen wird, zum Beispiel zur Einführung von 365-Euro-Jahrestickets und dies alles zusätzlich zu den Entlastungen beim Soli.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann, MdB