Frage an Kirsten Lühmann von Gerd M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Fau Lühmann,
wie stehen Sie zu dem Entwurf für das geplante Gesetz zur Neuregelung der Störerhaftung vom 11.3.2015 unter Berücksichtigung der Argumentation des "Förderverein Freie Netzwerke e. V." (siehe WebLink)?
http://freifunkstattangst.de/files/2015/03/Stellungnahme_tmg_stoererhaftung_12315_ch.doc
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer,
in der Sommerpause bin ich die Anfragen auf abgeordnetenwatch.de durchgegangen, deren Beantwortung ich noch nicht geschafft hatte und möchte Ihnen endlich antworten.
Der Entwurf auf dem sich Ihre Anfrage berief, ist nun längst Geschichte. Dieser sah Ihrer Meinung vor, dass „nicht geschäftsmäßige“ WLAN-Betreibende 1. verschlüsseln, sollen, 2. die Nutzende einwilligen lassen müssen und 3. die Nutzerenden beim Namen kennen sollen. Diese Ungleichbehandlung von geschäftsmäßigen oder nichtgewerblichen Anbietern war für Sie nicht akzeptabel und bedeutete für Sie eine weitere Verkomplizierung der ohnehin schon schwierigen Argumentationslage zwischen kommerziellen und nicht-kommerziellen, aber kostendeckend betriebenen Zugängen.
Sie zweifelten aus den oben genannten Gründen an der Praktikabilität der im Entwurf festgehaltenen Punkte für öffentliche WLANs in Deutschland und Anbieter wie: Gastronomen oder Einzelhändler, öffentliche Einrichtungen, die nicht über die finanziellen Mittel zur Erfüllung der unwirksamen Einschränkungen verfügen und insbesondere Privatpersonen, die aus altruistischer Motivation handeln.
Das waren alles Punkte, die in der Diskussion für sich genommen relativ leicht zu lösen gewesen wären. Vielen Kolleginnen und Kollegen war klar, dass diese Punkte leicht abzuräumen sind, wenn die große Frage geklärt wäre: Ist es noch zeitgemäß, ein offenes WLAN-Netz noch zu fördern, in Angesicht von Terror, Hasskommentaren und verstörenden Videos? Für viele war es diese Frage. Ist das Risiko durch offenes WLAN höher oder geringer für unsere Gesellschaft? Alle anderen Fragen und Ihre Bedenken erschienen technischer Natur zu sein und somit sekundär.
Ehrlich gesagt auch mir. Aber meines Erachtens ist offenes WLAN ein Teil einer offenen Gesellschaft und Bestandteil einer modernen digitalen Infrastruktur. In Anbetracht der Angriffe auf unsere offene Gesellschaft – rekapitulieren Sie einfach die Ereignisse in den letzten Wochen und Monaten in Paris, Brüssel, Istanbul und München, konnten wir uns die Entscheidung nicht leicht machen.
Mit dem Gesetz haben wir die Voraussetzungen geschaffen, dass deutlich mehr offene WLAN-Hotspots im öffentlichen Raum – in Städten und Gemeinden, in Cafés, Bibliotheken, Kaufhäusern, Schulen, in Flüchtlingsunterkünften aber auch von privaten Initiativen – ermöglicht werden können.
Ich gehe nun davon aus, dass aufgrund der neuen Rechtslage öffentliche WLAN-Hotspots rechtssicher angeboten werden können und ein Haftungsrisiko für deren Betreiber nicht mehr besteht. Ich denke, dass Ihre Bedenken aufgegriffen worden und hoffe, dass Sie damit leben können.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann