Frage an Kirsten Lühmann von Hermann A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Lühmann,
am 27.01.2011 hielten Sie eine Rede vor dem Deutschen Bundestag ( http://www.youtube.com/watch?v=wt9FIHuv-_0 ). Hier verweisen Sie ab Minute 3:55 auf das Lastenausgleichsgesetz, welches nach Ihrer Ansicht schon zweimal in diesem Bereich gute Hilfen geleistet hat. Und auf eine Vermögensabgabe.
Anne Will vom 26.06.2011 (Ab Minute 8 wird es konkret angesprochen)
http://www.videogold.de/dirk-mueller-vs-otto-fricke-fdp-bei-anne-will-schulden-tragoedie-in-athen/
Abschrift Ihrer Rede (auf Ihrer Webseite):
http://www.kirsten-luehmann.de/imperia/md/content/bezirkhannover/kirstenluehmann/anderetexte/reden/rede8.pdf
Thema Lastenausgleichsgesetz:
http://www.google.de/search?q=lastenausgleichsgesetz
http://www.gesetze-im-internet.de/lag/index.html
Frau Lühmann, fordern Sie eine erneute Zwangshypotheke auf Immobilienbesitzer bis hin zur Enteignung? Auch private Menschen (Eigenheim!!!) waren davon betroffen. Es gab viele, die bis zu 30 Jahre eine Zwangshypothek auf Ihr Haus auferlegt bekamen und dieses sozusagen nochmals neu abzahlen mussten.
Ist dies wieder geplant?
Wieviele Haushalte und Immobilienbesitzer war bei den vorigen Inanspruchnahmen des Lastenausgleichsgesetzes betroffen?
Frau Lühmann, stehen Sie immer noch zu der Aussage, dass man sich darüber Gedanken machen soll?
Spielt hier auch der Immobilienzensus eine entscheidende Rolle und werden hier schon Vorbereitungen dazu getroffen? Diesen Zensus kann man auch als Inventur auslegen, um ihr angesprochenes Lastenausgleichsgesetz reibungslos in die Wege umsetzen zu können.
Mir ist bekannt, dass laut dem Zensusgesetz keine anderweitige Verwendung erlaubt ist. Gesetze kann man ändern.
Sehr geehrte Frau Lühmann, wie beurteilen Sie diese Fragen und wie erklären sich sich, dass Sie öffentlich die oben angesprochene Zwangshypothek und Zwangsenteignung in Erwägung ziehen?
Um eine fundierte und aussagekräftige Antwort bitte ich sehr.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Allgaier
Sehr geehrter Herr Allgaier,
vielen Dank für Ihre Fragen zu meiner Rede im Plenum des deutschen Bundestages vom 27. Januar 2011.
Ich stelle dazu fest, dass ich in keinster Weise von einer „Zwangshypothek“ gesprochen habe. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zwei Situationen gab, in denen die Solidarität der Bürger und Bürgerinnen geholfen hat, eine für den Staat finanziell schwierige Lage zu überwinden und sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Zum einen war es möglich, die immensen Kosten, die im Zuge der Wiedervereinigung entstanden sind, durch den sogenannten „Solidaritätszuschlag“ aufzufangen. Das geeinte Deutschland konnte somit zum Wirtschaftsmotor für Europa werden und gehört zu den am höchsten entwickelten und leistungsfähigsten Industrienationen der Welt. So ist Deutschland nach den USA, Japan und China die viertgrößte Volkswirtschaft weltweit.
Zum anderen war es durch das Lastenausgleichsgesetz nach dem Krieg möglich, Bürger und Bürgerinnen, die durch die Aus- oder Nachwirkungen des Krieges finanzielle Nachteile erlitten hatten, einen Ausgleich zu gewähren. Dies geschah unter anderem mit einer Vermögensabgabe, die einmalig festgesetzt wurde. Die Summe konnte jedoch in hundertzwanzig Vierteljahresraten bezahlt werden. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich mich auch nicht für eine Wiedereinführung eines solchen Gesetzes ausgesprochen habe, sondern es lediglich als ein Beispiel für Solidarität in der deutschen Geschichte anführte.
Angesichts einer aktuellen Staatsverschuldung von 1.998 Milliarden € halte ich es jedoch für wichtig darüber nachzudenken, wie diese Staatsverschuldung auf solidarischem Wege zu senken ist, um damit auch die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland zu verringern. Als ein mögliches Instrument sehe ich hierbei die Vermögenssteuer, wie es auch am 30. August 2010 durch den SPD-Parteivorstand beschlossen wurde. Betroffen von einer solche Vermögenssteuer wäre jedoch nicht die bürgerliche Mittelschicht, sondern nur diejenigen Bürger und Bürgerinnen mit einer erheblichen Vermögenslage.
Lassen sie mich Ihnen zum Abschluss noch versichern, dass weder die SPD noch die SPD-Bundestagsfraktion sich jemals für eine „Zwangshypothek“ einsetzten werden. Solche Eingriffe in das Eigentum lehnen wir entschieden ab.
Ich hoffe, dass ich sämtliche Unklarheiten beseitigen und Ihre Frage damit abschließend beantworten konnte. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann