Frage an Kirsten Lühmann von Carmen P. bezüglich Staat und Verwaltung
Hallo Frau Lühmann,
ich hätte da mal eine Frage zum Thema Berufsbeamtentum!
Und zwar möchte ich gerne von Ihnen wissen, ob
1.) das Berufsbeamtentum in Deutschland noch zeitgemäß ist,
2.) Wenn ja warum, und wenn nicht warum,
3.) Was sollte Ihrer Mienung nach verändert werden und
4.) Wo sehen Sie evtl. Folgen, wenn nichts geändert wird?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Meinung zu diesem Thema
und verbleibe mit freundlichen Grüßen
C. Patzak
Sehr geehrte Frau Patzak,
natürlich ist das Berufsbeamtentum als Einrichtung eines demokratischen Rechtsstaates grundsätzlich unverzichtbar und insofern „zeitgemäß“.
Der Staat ist mit einem großen Teil seiner Aufgaben nicht vergleichbar mit privaten Unternehmen: Ohne eine handlungsfähige Regierung, eine unabhängige Justiz und eine rechtsstaatliche Verwaltung ist unsere demokratische Gesellschaft nicht denkbar. Neutrale Behörden, deren Handeln an Recht und Gesetz gebunden ist, bilden die Grundlage hierfür.
Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes regelt, dass hoheitsrechtliche Befugnisse in der Regel durch Angehörige des öffentlichen Dienstes ausgeübt werden, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
Dabei handelt es sich im Regelfall um den Einsatz von Beamten. Das sind weitgehend die Bereiche, in denen der Staat anordnend und regelnd auftritt (z.B. Polizei, Finanzverwaltung). Neben diesem klassischen Auftrag ist heute der Aspekt in den Vordergrund getreten, Leistungen, die für das tägliche Leben und das Funktionieren der staatlichen Einrichtungen notwendig sind, verlässlich zu garantieren. Bei all diesen Aufgaben ist zu berücksichtigen, dass diese Aufgaben zu jeder Zeit verlässlich erfüllt werden können. Deshalb dürfen Beamte im Gegensatz zu privatrechtlich Angestellten z.B. nicht streiken. Stellen Sie sich vor, Straftaten würden nicht mehr verfolgt, weil Polizisten streiken. Oder Sie könnten Ihren Reisepass nicht beantragen, weil das Meldeamt bestreikt wird.
Das Berufsbeamtentum an sich ist notwendig, allerdings nicht in allen Bereichen, in denen traditionell Beamte eingesetzt wurden. Entsprechende Änderungen gibt es ja bereits, so z.B. bei der Post oder bei der Bahn. Das halte ich auch für vertretbar. Allerdings halte ich es für einen Trugschluss, die Privatisierung staatlicher Leistungen als Allheilmittel zu betrachten.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann