Frage an Kirsten Lühmann von Reinhard K. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Lühmann,
ständig werden Menschen von sogenannten Abzockern über Internet und Telefon belästigt. Diese Ritter der freien Marktwirtschaft berufen sich auf den freien Vertragsabschluss, wohl wissend, dass ihre Methoden mehr als zweifelhaft sind. Trotz größter Vorsicht kommt es immer wieder zu Vertragsabschlüssen, die in Wirklichkeit eben keine waren.
Durch Drohungen von windigen Anwälten und Inkassounternehmen versuchen diese Geschäftsleute an das Geld von Verbrauchern zu kommen. Leider scheiterte die Gesetzesvorlage, die vorsah, telefonisch abgeschlossene Verträge nur dann wirksam werden zu lassen, wenn diese schriftlich bestätigt werden.
Ich weiß, dass diese Frage nicht gerade ihr Spezialthema ist, dennoch möchte ich wissen, wer dieses Gesetz verhindert hat, welche Argumente und welche Lobby hinter den Beschützern der Internet- und Telefonmafia stehen.
Mit freundlichen Grüßen
R. Klepsch
Sehr geehrter Herr Klepsch,
bereits in der letzten Legislaturperiode hat sich die SPD-Bundestagsfraktion dafür eingesetzt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Recht im Umgang mit Anbietern bekommen, die das Telefon als allzu billige Methode zur Überrumpelung benutzen.
Seit Jahren sind Konsumenten Opfer sogenannter „Cold-Calls“ – Anrufen zur Unzeit, die alleinig das Ziel haben, den Angerufenen Zeitschriftenabonnements, Glückspiele oder neue Telekommunikationsverträge aufzuschwatzen.
Mit dem von der Großen Koalition verabschiedeten Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen haben die Verbraucherinnen und Verbraucher ein umfassendes Widerrufsrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) erhalten.
Dabei müssen die Anbieter die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Vertragskonditionen und die Widerrufsmöglichkeiten schriftlich aufklären. Bei Widerruf wird der Vertrag grundsätzlich rückwirkend aufgelöst. Werden die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht über ihr Recht, Widerruf zu erheben, belehrt, gilt das Widerrufsrecht zeitlich unbeschränkt, ansonsten steht ihnen dieses Recht zwei beziehungsweise vier Wochen lang zu. Der Anbieter muss den Zugang der Widerrufsbelehrung beweisen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat lange diskutiert und sich dann bewusst aus rechtlichen Bedenken und Gründen der Rechtssystematik gegen eine bürokratische Bestätigungslösung entschieden. Mit einem Widerrufsrecht sind die Verbraucherinnen und Verbraucher umfassend geschützt.
Bei Verstößen sieht das Gesetz ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro vor. Eine tatsächlich verhängte Geldbuße kann im Einzelfall deutlich höher sein, so dass Verstöße von Unternehmen nicht nur „aus der Portokasse“ beglichen werden.
Außerdem stellte das Gesetz nochmals klar, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Werbeanrufen zuvor ausdrücklich zustimmen müssen. Die Einwilligung kann nicht in vorformulierten Einwilligungserklärungen abgegeben werden.
Rufnummern bei Werbeanrufen dürfen nicht unterdrückt werden. Bei Verstößen gegen das Verbot der Rufnummerunterdrückung droht ebenfalls ein Bußgeld. Es muss bei Werbeanrufen zukünftig die Nummer angezeigt werden, die dem Anrufenden zugewiesen ist. Mithilfe dieser Nummern können die Verbraucherinnen und Verbraucher auf einfache Weise feststellen, wer sie angerufen und im Zweifelsfall belästigt hat.
Insgesamt wurden mit diesem Gesetz deutliche, einheitliche und mit dem Widerrufsrecht auch den Verbraucherinnen und Verbraucher aus anderen Bereichen bekannte Regelungen eingeführt.
Wenn in 2 Jahren die Evaluation ergeben sollte, dass die Gesetzesänderung nicht ausreichen sollte, werden wir weitere Schritte zur Eindämmung fordern. Denkbar wäre dann zum Beispiel die Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft. Damit würde sichtbar werden, dass es sich bei unerwünschter Telefonwerbung häufig nicht um Einzelfälle sondern um „Massen-Abzocke“ mit teilweise mehreren zehntausenden Fällen handelt.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann