Was wird unternommen, um die Menschen vor den Taliban zu befreien? Die Menschen, vorallem Frauen, leider immer noch unter der Besetzung!
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Frage. Wir erleben weltweit, dass der Abbau der Rechte von Mädchen und Frauen ein Gradmesser für das Erstarken von autoritären Kräften ist. Wir wollen die neue deutsche Außenpolitik daher verstärkt an feministischen Zielen ausrichten. Ganz besonders verherrend ist die Lage von Frauen und Mädchen in Afghanistan unter den Taliban. Deutschland hat hier eine (Mit-)Verantwortung. Ich habe immer gegen den Afghanistaneinsatz gestimmt und halte eine erneute Intervention nicht für zielführend. Stattdessen müssen wir auf andere Instrumente setzen. Deswegen war eine der ersten Maßnahmen von Außenministerin Annalena Baerbock, einen Aktionsplan für Afghanistan aufzulegen.
Im Fokus steht dabei die Beschleunigung der Evakuierung und die Unterstützung für die Zivilbevölkerung. Wir erleben dieser Tage eine dramatische humanitäre Katastrophe. Deswegen müssen wir alles dafür tun, die humanitäre Hilfe zu verstärken. Deutschland ist mit 600 Mio. Euro schon jetzt der größte humanitäre Geber. Diese Mittel stehen bereits für die Wintermonate zur Verfügung, in denen Kälte und Hunger drohen. Außenministerin Baerbock hat angekündigt, auf den Deutschen Bundestag zuzugehen, damit auch in diesem Jahr die nötige Hilfe für das Überleben der Menschen zur Verfügung steht. Dafür wird die Außenministerin Gespräche mit dem Bundestag führen. Die deutsche humanitäre Hilfe wird ausschließlich durch die UN und andere unabhängige Organisationen erfolgen, um sicherzustellen, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie am meisten gebraucht wird – und nicht bei den Taliban. Zudem muss sichergestellt werden, dass dringend notwendige Hilfe nicht durch internationale Sanktionen blockiert wird. Hierfür laufen Gespräche mit internationalen Partnern, v.a. mit den USA. Deutschland hat angeboten, sich an einem Überwachungsmechanismus zu beteiligen.
Besondere Unterstützung für Frauen und Mädchen: Damit Mädchen genauso wie Jungen weiter zur Schule gehen können, ist Deutschland grundsätzlich bereit, sich an den Gehältern für Lehrkräfte zu beteiligen. Bedingung dafür ist, dass Mädchen lernen und Frauen unterrichten dürfen und die bisherigen Lehrpläne beibehalten werden. Das Auswärtige Amt wird zusätzliche Stipendien für afghanische Studentinnen über die Deutsche Akademische Flüchtlingsinitiative Albert Einstein für ein Studium in der Region schaffen und so jungen Afghaninnen über Bildung den Weg in ein neues Leben ebnen. Frauen in Afghanistan sollen stärker vor genderspezifischer Gewalt geschützt werden. Um das zu erreichen, wird sich das Auswärtige Amt in Zusammenarbeit mit UN Women für den Ausbau von Beratungszentren und Frauenhäusern einsetzen und helfen, dass die Stimme von Frauenrechtlerinnen in hochrangigen Gesprächsformaten gehört wird.
Das Innenministerium und das Außenministerium arbeiten vor allen Dingen mit Hochdruck daran, ein neues humanitäres Aufnahmeprogramm auf den Weg zu bringen, um jetzt dafür zu sorgen, die besonders Schutzbedürftigen zusätzlich aus Afghanistan herauszubringen. Die Anerkennung der neuen Regierung knüpfen wir insgesamt an die Bewahrung der Menschenrechte.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Kappert-Gonther