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Kirsten Kappert-Gonther
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Samad S. •

Warum will die deutsche Regierung mit dem Mullah-Regime im Iran Geschäfte machen (Join Comprehensive Plan Of Action), während sie jeden Tag Menschen auf den Straßen umbringen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S., vielen Dank für Ihre Zuschrift.

Seit September dauern die Straßenproteste gegen Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik Iran an. Sie bringen das Leid einer unterdrückten Bevölkerung zum Ausdruck. Die Proteste stellen nunmehr die größte Herausforderung des Regimes seit dem Aufstand gegen die Präsidentschaftswahl 2009 dar.

Das Regime reagiert mit brutaler Härte. bedient sich menschenverachtender Strafen wie dem Blenden von Augen, Peitschenhieben und der Todesstrafe. Zuletzt ist die Anzahl der Hinrichtungen erheblich angestiegen. Es fehlt an rechtstaatlichen Verfahren; unter Folter erzwungene Geständnisse können zur Todesstrafe führen. Die LGBTQI-Community im Iran ist in besonderem Maße gefährdet.

Das Regime ist unter diesen Umständen kein Partner, sondern ein extrem schwieriger Akteur: Die Menschenrechtslage ist verheerend, das Raketenprogramm besorgniserregend, die aggressive Regionalpolitik destabilisierend und die Drohungen in Richtung Israel sind absolut inakzeptabel.

Bündnis 90/Die Grünen verurteilt die brutale Gewalt gegen Protestierende im Iran. Wir stehen solidarisch an der Seite der protestierenden Frauen, Jugendlichen und Männer.

Außenministerin Annalena Baerbock hat sich von Anfang an hinter die Proteste gestellt und Europäische Sanktionen gefordert. Bereits am 26.09. hat Außenministerin Baerbock den Iranischen Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt und klar gemacht, dass die eskalierende Gewalt gegen Demonstrantinnen und Demonstranten Konsequenzen für das Regime haben werde. Auf deutsche und französische Initiative hin wurde am 17.10.2022 ein erstes EU-Sanktionspaket gegen elf verantwortliche Personen und vier Organisationen, die für die brutale Niederschlagung der Proteste verantwortlich sind, verabschiedet. Darunter fallen neben verantwortlichen Mitgliedern der sogenannten Sittenpolizei auch die Cyber-Einheit der iranischen Revolutionsgarden. Gegen alle Betroffenen wurden Einreiseverbote verhängt, zudem wird ihr Vermögen in der EU eingefroren. Wir Grüne setzen uns für weitere, gezielte Einzelsanktionen ein.

Weitere EU-Menschenrechtssanktionen sind in Vorbereitung. Die Listung von Angehörigen der Verantwortlichen wird derzeit geprüft. Die Bundesregierung wird Visa für Inhaber von offiziellen Pässen einschränken und die Einreise für Angehörige von EU-gelisteten Organisationen erschweren. Die Außenministerin setzt sich außerdem dafür ein, dass Beweismittel gegen die Verantwortlichen gesammelt werden, und für Plätze für besonders gefährdete iranische Personen aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft in Schutzprogrammen.

Annalena Baerbock stellt grundsätzlich klar, es darf „kein business as usual“ geben. Sie sagt, Deutschland wird „noch bestehende bilaterale Dialogformate aussetzten“, „die wenigen verbliebenen Instrumente bei Handel und Finanzbeziehungen kritisch“ überprüfen und „die Präsenz der in Iran tätigen deutschen Kulturmittler“ reduzieren.

Zudem drängen wir Grüne auf einen bundesweiten Abschiebestopp der Bundesländer in den Iran.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Kirsten Kappert-Gonther

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