Auf welcher Basis stellen Sie die These auf, dass eine Impfung mehr schützen würde als eine Infektion mit dem Corona-Virus?
Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,
in der Bundestagsdebatte vom 26.1.2022 stellten Sie wie selbstverständlich fest, dass eine Impfung besser als eine Infektion sei. Welche Datengrundlage liegt Ihnen hierzu vor? Denn selbst C.Drosten sprach mehrfach eine Infektion als Feinschliff (ggf. nach einer Impfung) für das menschliche Immunsystem an.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur durch die Impfung eine Chance haben, diese Pandemie zu überwinden und wir nicht nur individuell Sorge für uns tragen, sondern auch füreinander. Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass wir uns auch nach überstandener COVID-19-Infektion impfen und boostern lassen sollten. Mit großer Sorge beobachte ich Tendenzen, dass sich (ungeimpfte) Menschen absichtlich mit dem Corona-Virus anstecken, um sich dann in der falschen Sicherheit einer umfassenden Immunantwort zu wähnen, weil niemand im Vornherein sagen kann, wie der Verlauf der Erkrankung sein wird. Die Impfung ist weniger risikoreich und schützt gut vor einer Infektion und sehr gut vor einem schweren Verlauf.
Richtig ist, dass es eine natürliche Immunantwort des Köpers auf eine Infektion gibt und das viele Genesene zumindest eine Zeitlang vor Reinfektion geschützt sind. Wie stabil diese Reaktion ist und wie lange diese Immunantwort und die Antikörper wirksam sind, ist wissenschaftlich umstritten und hängt u.a. von der Virusvariante ab. Wir wissen demgegenüber, dass die Impfung tendenziell konstanter ist und bei der Antigen-Menge keinen natürlichen Schwankungen unterliegt. Im aktuellen epidemiologischen Bulletin der STIKO heißt es zudem: "Erste Analysen zeigen außerdem, dass nach Auffrischimpfung die Effektivität gegen symptomatische Infektionen wieder bei > 90 % liegt." (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/Ausgaben/02_22.pdf?__blob=publicationFile, S. 17). Der Virologe Christian Drosten hat den grundsätzlichen Vorteil einer durch Impfung erworbenen Immunität gegenüber einer natürlichen im Podcast „Coronavirus-Update“, Folge 105, so ausgedrückt: „Also stellen Sie sich vor, wir würden nicht jedem Geimpften die gleiche Menge Impfstoff verabreichen, sondern würden ab und zu nur so eine kleine Restspritze geben und ab und zu mal nur ein Zehntel der Impfstoffdosis. Je nachdem, wie der Arzt gerade Lust hat. Dann hätten wir auch eine Schwäche in der Immunität, die dazukäme“ (https://www.ndr.de/nachrichten/info/coronaskript346.pdf). Im weiteren Verlauf geht Herr Drosten auf verschiedene Studien zur Reinfektion ein, zeigt aber zugleich deren methodische Schwächen auf und kommt zu dem Ergebnis: „Deswegen mein Ratschlag im Moment, dass eine geboosterte Vollimmunisierung durch die Impfung auch gegen Omikron wahrscheinlich besser schützen wird, als eine irgendwann mal überstandene Erstinfektion“ (ebd.). In der Podcastfolge vom 01.02.22 geht Herr Drosten ebenfalls auf Reinfektionen ein. Sein Fazit: "Die Rechnung einer Omikron-Infektion als Impfung durch die Hintertür geht nicht auf." (https://www.ndr.de/nachrichten/info/Corona-Podcast-Drosten-hofft-auf-Entspannung-ab-Ostern,coronavirusupdate232.html) Eine weitere Quelle dafür, dass eine Infektion nicht besser schützt als eine Impfung finden sie hier: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2022.02.01.22270263v1
Ich gehe mit Christian Drosten davon aus, dass eine heterologe Impfreihenfolge und mögliche darauf folgende Infektionen vermutlich den besten Schutz bieten und die Pandemie bei entsprechend hoher Impfquote endemisch wird.
Meiner Kenntnis nach basiert Herr Drostens Argumentation für einen Weg aus der Pandemie auf solch dem Szenario einer möglichst hohen vollständigen Impf-und Boosterquote, natürliche Immunantworten geimpfter Menschen bei Infektionen können diesen Schutz dann womöglich nochmals verbessern. (https://correctiv.org/faktencheck/2021/09/17/coronavirus-nein-drosten-sagte-nicht-dass-eine-ansteckung-am-besten-vor-covid-19-schuetzt/)
Mit freundlichen Grüßen,
Kirsten Kappert-Gonther