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Kirsten Kappert-Gonther
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ludwig B. •

Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Ludwig B. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,

ich wende mich an Sie als Mitglied im Gesundheitsausschuss und damit Mitverantwortliche für die Covid-19 Massnahmen.
In dem Bericht unter https://www.welt.de/vermischtes/article219248034/Corona-Melanie-Brinkmann-Ich-bin-es-leid-Haben-den-Sommer-verschwendet.html sagt Jens Spahn (CDU): „Diese Pandemie ist eine echte Mammutaufgabe für uns als Regierung und für jede und jeden Einzelnen in der Gesellschaft“

Wer ist mit Regierung gemeint und ist jeder Einzelne selbst schuld, wenn er sich infiziert oder sein Einkommen verliert?

Weiterhin sagt Spahn: "Die Zahl der Infizierten steige „exponentiell“, auch die Zahl derjenigen, die wegen einer Covid-19-Erkrankung beatmet werden müssten, steige „stark, zu stark“." .."Spahn sicherte Krankenhäusern umfassende Unterstützung zu"

Warum waren bisherige Aktivitäten, laut den genannten Zahlen, so erfolglos und wer hat diese zu verantworten bzw. gibt es überhaupt Ziele und eine Strategie in dieser Sache?
Welche Unterstützung meint Spahn bzw. welche konkreten Massnahmen sind hierunter zu verstehen?

Melanie Brinkmann, Virologin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, sagt: „Ich bin es leid. Wir haben den Sommer damit verschwendet, darüber zu diskutieren, wie gefährlich das Virus eigentlich ist. Wir müssen uns klarmachen, was wir erreichen wollen, was unsere Ziele sind.“... „Ich erzähl doch auch dem Automechaniker nicht, wo der Motor am Auto ist.“

Bedeutet diese Aussage, dass bisher zur Bekämpfung der Pandemie nur Worte als Massnahmen von der Politik "verkauft" und den medizinischen Fachleuten nur unpassende Vorschläge gemacht wurden, anstatt Ihnen konkrete Massnahmen an die Hand zugeben?

Haben Sie den Eindruck, dass man auch das bestens ausgestatte Gesundheitssystem an die Wand fahren kann, es braucht nur die entsprechende Politik, den "richtigen" Politiker, dazu?

Vielen Dank.

B.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Bzgl. der von Ihnen zitierten Aussagen von Herrn Spahn möchte ich Sie gerne an den Bundesminister selbst verweisen; mir steht es nicht zu, seine Aussagen hier zu deuten. Für uns Grüne ist klar, dass die Corona-Pandemie für unser gesamte Land eine nie dagewesene Herausforderung darstellt. Es ist deshalb unbedingt notwendig, dass wir schnellstmöglich unser Gesundheitssystem weiter stärken und zugleich die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise auffangen. Die Bundesregierung hat es versäumt, rechtzeitig kurz- und langfristige Maßnahmen zu treffen, die eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindern und die Menschen bestmöglich vor einer Infektion mit dem Corona-Virus schützen. Ebenso wurde versäumt, wissenschaftliche Untersuchungen zu beauftragen, die das Infektionsgeschehen in den einzelnen Bereichen analysieren.
Diese Untätigkeit der Bundesregierung über den Sommer rächt sich nun und macht drastische Einschnitte notgedrungen erforderlich, um das zu rasche Ansteigen der Infiziertenzahlen zu bremsen. Umso wichtiger ist es nun, diese Phase des Herunterfahrens zu nutzen, um eine klare Strategie mit verbindlichen und wirksamen Schritte für die Phase des Wiederhochfahrens zu entwickeln. Dabei müssen die Maßnahmen für die Branchen, die gute Sicherheitskonzepte haben und wenig bis gar nicht zum Infektionsgeschehen beitragen, schnellstmöglich wieder gelockert werden. Es ist richtig, dass die Schulen und Kitas offen bleiben. Hier haben die Verantwortlichen gelernt.

Zudem müssen die angekündigten Nothilfen für besonders betroffene Branchen nun schnell und unbürokratisch ankommen. Zu dieser Strategie gehören etwa der längst überfällige Einbau von Lüftungsanlagen in Schulen, Gemeinschaftsunterkünften und der Gastronomie, der bessere Schutz von Risikogruppen und ein klares bundeseinheitliches Regelwerk für die Zeit nach dem Wellenbrecher. Es muss klar sein, was bei welchen Infektionszahlen zu passieren hat.
Es braucht ein Paket mit konkreten Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen für Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Ziel ist es, dass sie mit möglichst geringem Risiko am öffentlichen Leben teilhaben und anderen Menschen begegnen können. Dazu gehören beispielsweise die kostenfreie Ausstattung mit FFP2-Masken, reservierte Öffnungszeiten in öffentlichen Einrichtungen wie Behörden und die Unterstützung bei der Versorgung mit Alltagsgütern und eine bezahlte Freistellung oder Homeoffice.
Die Bekämpfung dieser Pandemie verlangt unserer Gesellschaft viel ab. Die Wintermonate stehen nun bevor. Umso wichtiger ist es, eine Perspektive zu schaffen, wie wir mit einem belastbaren und verlässlichen Konzept durch diesen Herbst und Winter kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther

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