Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Heike R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Kirsten Kappert-Gonther,
Als Angestellte zahle ich über meine Sozialabgaben in die GKK auch für die vielen Migranten mit.
Wie eigentlich beteiligen sich Beamte, Pensionäre und Selbstständige an den Sozialleistungskosten für Flüchtlinge?
Bitte jetzt nicht die Antwort, über die Steuern, denn die muss ich zu den Abgaben ja auch noch zusätzlich zahlen.
Weshalb wurden die Flüchtlinge nicht per Gesetz (!) in die privaten Kassen gebracht und dann von allen aus dem Steuertopf gleichgerecht finanziert?
Mit freundlichem Gruß
H. R.
Sehr geehrte Frau R.,
Asylbewerberinnen und Asylbewerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Das führt immer wieder zu höchst problematischen Situationen und bedeutet oft, dass Erkrankungen verschleppt werden und die Patientinnen und Patienten dann als Akutfall im Krankenhaus landen. Das ist für die Betroffenen schädlich und teuer. Zugleich muss das Sozialamt in den meisten Bundesländern zuvor die Behandlung bewilligen, die Behandlungskosten müssen als Privatbehandlung entgolten und aus den kommunalen Kassen getragen werden. In meinem Bundesland Bremen haben wir sehr gute Erfahrungen mit dem sogenannten „Bremer Modell“ gemacht, in dem alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber direkt die Gesundheitskarte der AOK erhalten und somit freie Arztwahl und direkten Zugang zum Regelsystem haben. Das ist gerecht und wirtschaftlich.
Unser Gesundheitssystem steht mit dem demographischen Wandel und vor allem dem medizinischen Fortschritt vor großen Herausforderungen und benötigt darum ein solideres Fundament. Dieses schaffen wir mit der Bürgerversicherung, durch die sich alle Bürgerinnen und Bürger solidarisch an der Finanzierung der Krankenversicherung beteiligen. Starke treten für Schwächere ein, Gesunde für Kranke und Jüngere für Ältere – das sind die Grundprinzipien unserer Bürgerversicherung.
Alle sollen unabhängig vom Einkommen gut und verlässlich versorgt werden – ein Leben lang. Untersuchungen zeigen, dass selbst manche der leistungsfähigsten Tarife in der privaten Krankenversicherung nicht den Leistungsumfang in der gesetzlichen Krankenversicherung erreichen und viele PKV-Versicherte, zumal solche in sehr kostengünstigen Tarifen, demzufolge schlechter versorgt werden. Dies trifft vor allem ältere oder chronisch kranke Versicherte, Versicherte mit unregelmäßigen Erwerbsbiographien, kleine Handwerker oder Soloselbständige mit geringen Einkommen. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung wird immer etwa bei der Heil- und Hilfsmittelversorgung immer wieder von Problemen berichtet. Damit kann für relevante Bevölkerungsgruppen das Versprechen eines verlässlichen Schutzes nicht hinreichend eingelöst werden. Ein Krankenversicherungssystem, in dem die Patientinnen und Patienten notwendige Behandlungen nicht erhalten, weil sie sich diese nicht leisten können, lehnen wir ab. Mit der Bürgerversicherung erhält jeder Mensch von Geburt an einen individuellen Krankenversicherungsschutz.
Wir wollen das bestehende Krankenversicherungssystem schrittweise zur Bürgerversicherung weiterentwickeln. Das heißt:
- Die Solidarität wird ausgebaut: Alle Versicherten, gleich ob gesetzlich oder privat versichert, tragen zur Finanzierung unseres Gesundheitswesens bei.
- Die Gerechtigkeit wird gestärkt: Nicht nur wie bisher Löhne oder Gehälter, sondern auch Einkommensarten wie zum Beispiel hohe Zinsenerträge oder Dividenden werden bei der Beitragsbemessung einbezogen.
- Die Wahlfreiheit wird ausgebaut: Alle Bürgerinnen und Bürger können jederzeit frei zwischen allen gesetzlichen und privaten Kassen wählen. Privat Versicherte können ihre individuelle Altersrückstellung beim Wechsel zu einer anderen Versicherung mitnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Kappert-Gonther