Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Jens B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,
auf der Parteitag der GRÜNEN im Nov. 2019 wird über einen Antrag mit dem Titel "Echter Patient*Innenschutz: Bevorteilung der Homöopathie beenden!" des Parteimitglieds Tim Niclas Demisch entschieden ( https://bit.ly/2mkk7hg ). Die Umsetzung der dort aufgestellten Forderungen hätte massive Einschränkungen der Therapiefreiheit und der gesundheitlichen Selbstbestimmung zur Folge: Nicht nur der Großteil homöopathischer Mittel, sondern auch sehr viele pflanzliche Präparate würden de facto vom Markt verschwinden. Der Zugang zu therapeutischen Dienstleitungen aus dem Bereich der Naturmedizin würde massiv erschwert.
Laut repräsentativer Umfragen fordern aber 75% der deutschen Bevölkerung eine Integrative Medizin, die das Beste aus Naturmedizin und Schulmedizin vereint ( https://bit.ly/2XTD7kJ ). Die kürzlich hierfür ins Leben gerufene Bürgerinitiative weil's hilft! hat bereits über 200.000 Unterstützer ( https://bit.ly/2ljbqDC ). Die EU-Bio-Verordnung empfiehlt für die ökologische Tierhaltung ausdrücklich Homöopathie und Phytotherapie, um den Antibiotikaeinsatz zu minimieren ( https://bit.ly/2mkhSdQ ). Dem Willen der Wähler, die die Zeichen der Zeit in Bezug auf unser Gesundheitssystem erkannt haben, arbeitet Herr Demisch mit seinem Antrag direkt entgegen.
Besonders pikant: Die Organisation (GWUP), mit der Herr Demisch für die Erarbeitung des Antrags nachweislich kooperiert hat und die ihn bei der Bewerbung seines Anliegens in den sozialen Medien aktiv unterstützt, agitiert nicht nur gegen Naturmedizin, sondern setzt sich auch öffentlich für die Verbreitung von Glyphosat und Gentechnik ein ( https://bit.ly/2kPbc7d ).
Wie passt der Antrag mit dem Selbstverständnis der GRÜNEN zusammen? Wie stehen Sie persönlich dazu? Sind weitere Gemeinschaftsprojekte mit der GWUP geplant? Wie gedenken Sie, den Wünschen der Bevölkerung nach einer zukunftsfähigen Integrativen Medizin nachzukommen?
Vielen Dank vorab für Ihre Antwort.
Beste Grüße
J. B.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihr Schreiben. In unserem Gesundheitswesen bestehen erhebliche Versorgungsprobleme für schwer und chronisch Kranke, der Zugang zu guter Geburtshilfe ist nicht flächendeckend gewährleistet. Es gibt Landstriche, in denen Haus- oder Kinderärzt*innen nicht mehr ohne weiteres erreichbar sind. Erhebliche Summen werden zu Lasten der Versicherten beispielsweise für Über- und Fehlversorgung verschwendet. Vor diesem Hintergrund halte ich die Frage um homöopathische Arzneimittel nicht für ein zentrales Problem der Gesundheitsversorgung – die gegenwärtig so hitzig geführte Debatte erweckt leider zuweilen den gegenteiligen Eindruck.
Die Erstattung etwa über freiwillige Leistungen (Satzungsleistungen) der Krankenkassen ist derzeit gut geregelt und spiegelt den Wunsch der Mehrheit der Versicherten wider. Auch wenn die Wirkung homöopathischer Arzneimittel nicht über den Placebo-Effekt hinausgeht, erleben viele Patient*innen diese als sehr hilfreich. Gerade chronisch Kranke, Eltern mit kleinen Kindern und Schwangere greifen zu homöopathischen Mitteln. Nicht zuletzt ist die Komplementärmedizin in Fällen weniger schwerwiegender und nicht-akuter Erkrankungen eine sinnvolle Ergänzung zur Schulmedizin und kommt etlichen Patient*innen nebenwirkungsfrei zugute.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Kappert-Gonther