Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Silvia P. bezüglich Gesundheit
Guten Tag,
meine Frage bezieht sich auf die geplante Masernimpfpflicht. Können Sie mir bitte die Inhaltsstoffe sowie deren Wirkungsweise nennen? Wie stehen Sie zu der Impfpflicht?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau P.,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Zum Entwurf eines Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) möchte ich Sie gerne an das Bundesgesundheitsministerium verweisen, das für den Gesetzentwurf und die darin enthaltenen (Neu-)Regelungen zuständig ist. Hintergrundinformationen zum Gesetzentwurf finden Sie etwa hier: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/impfpflicht.html . Eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, zur Qualität und Sicherheit von Impfstoffen kann im Übrigen hier aufgerufen werden: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/I/Impfen/Impfen_Stellungnahme_Wiss_Beirat_PEI.pdf . Daraus geht unter anderem hervor, dass die in Deutschland zugelassenen Masernimpfstoffe sehr sicher in der Anwendung sind. Die Auswertung einer vom PEI durchgeführten Studie bestätigt die uneingeschränkt positive Nutzen-Risiko-Bilanz der Impfstoffe und das mindestens 1000-fach geringere Risiko schwerer Nebenwirkungen im Vergleich zu den Masern. Der Bewertung des PEI schließe ich mich ausdrücklich an.
Ich vertrete die Auffassung, dass Masern eine immer noch unterschätzte Infektionskrankheit sind. Impfungen sind ein wirksames Mittel, um diese und andere übertragbare Krankheiten endlich zu überwinden. Impfungen dienen nicht nur dem eigenen Schutz vor Infektionen, sondern schützen auch Säuglinge oder Menschen mit Immunerkrankungen, die (noch) nicht geimpft werden können. Viele Kinder sind bereits einmal gegen Masern geimpft worden. Die Impfraten bei Kindern steigen bei dieser ersten empfohlenen Impfung seit Jahren an und liegen mit knapp 97 Prozent oberhalb der von 95 Prozent. Die Quoten der zweiten empfohlenen Impfung betragen bei Kindern knapp 93 Prozent.
Der wesentliche Grund, warum das Ziel, die Masern endlich zu eliminieren, bis heute nicht erreicht wurde, liegt bei den Erwachsenen. In der Altersgruppe vor allem der 30- bis 50-jährigen liegen die Impfquoten bei Masern und anderen Infektionskrankheiten weit unter der von der WHO empfohlenen Rate von 95 Prozent.
Eine erfolgreiche Strategie zur Eliminierung der Masern und anderer Infektionserkrankungen muss vor allem auf Vernunft und den Willen zur gegenseitigen Solidarität setzen. Sie muss Falschinformationen und Verschwörungstheorien mit Aufklärung entgegentreten und darauf abzielen, das Vertrauen der Menschen zu erringen sowie Ängste abzubauen statt sie einzuschüchtern. Sie muss darauf angelegt sein, Informationsdefizite und regionale Impfbarrieren systematisch zu identifizieren und vor Ort gezielt zu verringern. Nur so wird es gelingen, die Masern und andere gefährliche Infektionskrankheiten endlich zu eliminieren.
Wir Grüne schlagen in unserem Antrag vor, dass Hausärztinnen und Hausärzte ihre Patientinnen und Patienten gezielt einladen, um ihren Impfschutz zu vervollständigen. Ein digitaler Impfpass soll sicherstellen, dass niemand mehr nach seinem Impfpass suchen muss und die Informationen zum Impfstatus immer aktuell sind. Eine App auf dem Smartphone erinnert dann daran, wenn eine Impfung fällig ist.
Alle Ärztinnen und Ärzte sollen alle Erwachsenen impfen können und dies auch mit den Krankenkassen abrechnen dürfen. Dann können beispielsweise Kinderärztinnen und Kinderärzte bei Bedarf auch die Eltern schnell mitimpfen. In manchen Regionen gibt es jedoch nicht mehr genügend Haus- oder Kinderärzte. Es darf aber nicht hingenommen werden, wenn die Menschen in diesen Regionen deshalb keinen Zugang zu Impfungen haben und von guter Versorgung abgehängt sind. Hier muss die Bundesregierung endlich wirksam gegensteuern.
Der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist das Rückgrat für einen wirksamen Infektionsschutz durch Impfungen. Ohne eine ausreichende Zahl von Ärztinnen und Ärzten in den Gesundheitsämtern sind Impfungen etwa in Schulen nur sehr schwer zu realisieren. Denn in den vergangenen Jahrzehnten wurde der ÖGD immer weiter abgebaut, so dass er zunehmend seine Handlungsfähigkeit verloren hat. Wir wollen, dass Bund und Länder gemeinsam dafür sorgen, dass der ÖGD personell und finanziell wieder auf die Beine kommt. Der Bund soll Regionen mit Problemen beim Impfschutz dabei helfen, gezielte Impfaktionen zum Beispiel in Betrieben, Einkaufszentren oder kommunalen Einrichtungen durchzuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther