Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Mariana S. bezüglich Gesundheit
Liebe Frau Kappert-Gonther!
Besorgt über die Entwicklung der geplanten Impfpflicht und tief enttäuscht über die Stellung der Grünen zum Thema, lassen Sie mich ein paar Fragen hierzu stellen:
1/ das Maserngesetz ist mit der versteckten Pflicht gegen Röteln und Mumps verbunden- meiner Meinung nach umstritten, nicht vereinbar mit dem Grundgesetz ( Gesetzgeber stellt die Bedingungen eindeutig NICHT! )
2/ was ist mit der Petition Deutschland braucht keine Impfpflicht? 143.000 Stimmen sind nicht wert gehört zu werden?
3/ Stufenschema statt Impfpflicht:
1. Impfungen nicht aktiv, sondern nur auf Nachfrage anbieten, dabei nicht öffentlich finanzieren. Kein staatliches Eingreifen.
2. Allgemeine Aufklärung über Impfungen leisten und empfohlene Impfungen finanzieren (z. B. Aufnahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen KK).
3. Zur Handlungsfreiheit befähigen: zielgerichtete Aufklärung für empfohlene Impfung bspw. bei Kinder- und Hausärzten oder durch den ÖGD; eventuell bis hin zur Impfberatungspflicht.
4. „Anschubsen“ durch Beeinflussung der Entscheidungsumstände, indem bspw. empfohlene Impfungen als Standard beim Arztbesuch angeboten werden (mit „opt out“).
5. Anreize für Impfungen setzen (z. B. Vergünstigungen bei den Kosten für die Kindertagesstätte, Vergabe von Gutscheinen zu Sachleistungen).
6. Abschreckungsmaßnahmen implementieren (z. B. Beteiligung an den Behandlungskosten bei Krankheiten, gegen die man sich hätte impfen lassen können, oder Streichung von Steuererleichterungen).
7. Handlungsoptionen einschränken, indem z. B. bestimmte Behandlungen oder der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen nur denjenigen offensteht, die geimpft sind (z. B. kein Zugang zur Kinderbetreuung oder Schule).
8. Keine Handlungsfreiheit bieten (Impfzwang).
Warum muss man von Punkt 3. direkt zu Punkt 7.springen?!
Die einzige Partei, die dagegen offen ist, ist die AFD - echt traurig.
Mit freundlichen Grüßen
M. S.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Masern sind eine immer noch unterschätzte Infektionskrankheit. Impfungen sind ein wirksames Mittel, um diese und andere übertragbare Krankheiten endlich zu überwinden. Impfungen dienen nicht nur dem eigenen Schutz vor Infektionen, sondern schützen auch Säuglinge oder Menschen mit Immunerkrankungen, die (noch) nicht geimpft werden können. Viele Kinder sind bereits einmal gegen Masern geimpft worden. Die Impfraten bei Kindern steigen bei dieser ersten empfohlenen Impfung seit Jahren an und liegen mit knapp 97 Prozent oberhalb der von 95 Prozent. Die Quoten der zweiten empfohlenen Impfung betragen bei Kindern knapp 93 Prozent.
Der wesentliche Grund, warum das Ziel, die Masern endlich zu eliminieren, bis heute nicht erreicht wurde, liegt bei den Erwachsenen. In der Altersgruppe vor allem der 30- bis 50-jährigen liegen die Impfquoten bei Masern und anderen Infektionskrankheiten weit unter der von der WHO empfohlenen Rate von 95 Prozent.
Eine erfolgreiche Strategie zur Eliminierung der Masern und anderer Infektionserkrankungen muss vor allem auf Vernunft und den Willen zur gegenseitigen Solidarität setzen. Sie muss Falschinformationen und Verschwörungstheorien mit Aufklärung entgegentreten und darauf abzielen, das Vertrauen der Menschen zu erringen sowie Ängste abzubauen statt sie einzuschüchtern. Sie muss darauf angelegt sein, Informationsdefizite und regionale Impfbarrieren systematisch zu identifizieren und vor Ort gezielt zu verringern. Nur so wird es gelingen, die Masern und andere gefährliche Infektionskrankheiten endlich zu eliminieren.
Wir Grüne schlagen in unserem Antrag (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/099/1909960.pdf) vor, dass Hausärztinnen und Hausärzte ihre Patientinnen und Patienten gezielt einladen, um ihren Impfschutz zu vervollständigen. Ein digitaler Impfpass soll sicherstellen, dass niemand mehr nach seinem Impfpass suchen muss und die Informationen zum Impfstatus immer aktuell sind. Eine App auf dem Smartphone erinnert dann daran, wenn eine Impfung fällig ist.
Alle Ärztinnen und Ärzte sollen alle Erwachsenen impfen können und dies auch mit den Krankenkassen abrechnen dürfen. Dann können beispielsweise Kinderärztinnen und Kinderärzte bei Bedarf auch die Eltern schnell mitimpfen. In manchen Regionen gibt es jedoch nicht mehr genügend Haus- oder Kinderärzte. Es darf aber nicht hingenommen werden, wenn die Menschen in diesen Regionen deshalb keinen Zugang zu Impfungen haben und von guter Versorgung abgehängt sind. Hier muss die Bundesregierung endlich wirksam gegensteuern.
Der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist das Rückgrat für einen wirksamen Infektionsschutz durch Impfungen. Ohne eine ausreichende Zahl von Ärztinnen und Ärzten in den Gesundheitsämtern sind Impfungen etwa in Schulen nur sehr schwer zu realisieren. Denn in den vergangenen Jahrzehnten wurde der ÖGD immer weiter abgebaut, so dass er zunehmend seine Handlungsfähigkeit verloren hat. Wir wollen, dass Bund und Länder gemeinsam dafür sorgen, dass der ÖGD personell und finanziell wieder auf die Beine kommt. Der Bund soll Regionen mit Problemen beim Impfschutz dabei helfen, gezielte Impfaktionen zum Beispiel in Betrieben, Einkaufszentren oder kommunalen Einrichtungen durchzuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther