Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Holger B. bezüglich Soziale Sicherung
Auf den Seiten 72 und 113 Ihres Wahlprogramms versprechen Sie, Armut (von Alleinerziehenden und Kindern) zu bekämpfen und sich für "Geschlechter? Gerechtigkeit!" einzusetzen. Wie passt zu diesem Konzept die jahrelange Politik von A. S. (Grüne Sozialsenatorin und deren Erfüllungsgehilfin, der Jobcenter-Chefin S. A., Alleinerziehende zu schikanieren, ihnen sogar das ALG oder aufstockende Hilfe zu kürzen, und so die Armut zu fördern?
Sogar das Sozialgericht Bremen musste am 15.06.2018 (AZ: S 28 AS 1213/16) einer Alleinerziehenden aus Blumenthal gegen das Jobcenter beistehen, der Senat unterstützte dies gegen sein eigenes Mitglied, Frau S., auf eine Bürgerschaftsanfrage am 16.10.2018 (AZ: Drs. 19/854 S).
Wie erklären sie diese Ambivalenz?
Hierzu ein paar Links:
http://aktuelle-sozialpolitik.de/2018/09/06/immer-wieder-konflikte-um-die-unterkunftskosten-der-hartz-iv-empfaenger-und-eine-eigenartige-seitwaertsbewegung-des-bundesverfassungsgerichts/
https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/strafen-fuer-hartz-vier-bezieher-100.html
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Jobcenter-uebernehmen-oft-zu-wenig-Wohnkosten,hartzvier228.html
http://www.taz.de/!5545413/
http://www.taz.de/!5525800/
Sehr geehrter Herr B.,
alle Menschen in Deutschland haben einen Anspruch auf ein Leben in Würde. Auch in Phasen mit einem geringem oder ohne Erwerbseinkommen muss Teilhabe an der Gesellschaft sichergestellt sein. Das ist nur mit einer verlässlichen und in der Höhe ausreichenden Grundsicherung möglich.
Wir Grüne im Bundestag haben die Bundesregierung bereits 2016 aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Existenzminimum verlässlich und in ausreichender Höhe absichert (vgl. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/102/1810250.pdf). Die Teilhabe von allen Menschen muss sichergestellt und deshalb die Höhe der Regelsätze auf sachgerechte Weise und auf der Grundlage aussagekräftiger Zahlen ermittelt werden.
Wir Grüne fordern die Bundesregierung auf, die Bedarfe zielgenauer und verlässlicher auch durch Leistungen außerhalb des Regelsatzes abzudecken. Dafür sollten die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets den tatsächlichen Bedarfen entsprechend angehoben werden. Diese Leistungen müssen zum Teil durch einen bundeseinheitlich garantierten Anspruch auf kostenlose Sachleistungen durch eine verbesserte Infrastruktur wie Kindertagesstätten und Schulen und zum Teil über den Regelsatz gewährt werden.
Darüber hinaus diskutieren wir Grüne derzeit, ob der Grundbetrag für Menschen ohne oder mit geringem Einkommen automatisch ausgezahlt werden kann. Hinzu kämen dann je nach Bedarf weitere Leistungen, etwa für Unterkunft und Heizung oder Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung. Alternativ dazu prüfen wir, wie die Grundsicherung im bestehenden System zu einem qualitativ erneuerten und bürgerfreundlichen Modell weiterentwickelt werden kann. Unser Ziel ist es, Hinzuverdienst immer zu belohnen und gerade kleine und mittlere Einkommen zu entlasten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther