Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Reinhard L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag, FrauKirsten Kappert-Gonther,
Im Oktober steht die Verlängerung des Bundeswehrmandates Syrien an. Wie werden Sie abstimmen?
Die Deutsche Bevölkerung ist mehrheitlich gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr, und wenn man die Ergebnisse aller Einsätze ansieht, waren sie fast alle verheerend. Auch verstießen sie fast alle gegen das Völkerrecht. Wie sehen sie dies im Fall von Syrien? Auf welcher völkerrechtlichen Grundlage ist eine Beteiligung der Bundeswehr zu rechtfertigen?
Nach gründlicher Prüfung müssten Sie, auch im Sinne Ihrer Wähler dagegen abstimmen.
R. L., parteilos - Hausarzt im Ruhestand - IPPNW - mehrere Einsätze mit "Ärzte ohne Grenzen" in Afrika - ehrenamtlich in der Flüchtlingsintegration engagiert
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gerne beantworte. Ich werde – wie bereits im März 2018 – gegen den „Anti-IS-Einsatz“ bewaffneter deutscher Streitkräfte in Syrien und Irak stimmen.
Seit Beginn der Kampfhandlungen im Jahr 2011 hat der Syrienkonflikt unzählige Todesopfer, chronische Gewalt, eine zunehmende Radikalisierung insbesondere junger Männer und eine selbsterhaltende Kriegsökonomie in Teilen Syriens und Iraks hervorgebracht. Dabei wird der Konflikt von globalen, regionalen und innerstaatlichen Dynamiken getrieben, die eine auf die Konfliktdimensionen zugeschnittene und nachhaltige Lösungsstrategie erfordern.
Gegenwärtig gibt es für eine militärische Intervention in Syrien keine völkerrechtliche Grundlage. Es ist überdies nicht zu erwarten, dass Russland und Iran in absehbarer Zeit ihre Unterstützung für das Assad-Regime einstellen, weshalb weder eine einstimmige Entscheidung des Sicherheitsrats und ein damit verbundenes System der kollektiven Sicherheit noch eine sog. „Intervention auf Einladung“ im Sinne des Kapitels VII der UN-Charta zu erwarten ist. Ein (weiteres) militärisches Engagement durch eine transatlantische „Koalition der Willigen“ birgt in diesem Kontext die Gefahr, Syrien im vollkommenen Chaos versinken zu lassen. Unter diesen Bedingungen kann die Lösung für die vielen miteinander verwobenen Konfliktdimensionen in Syrien nur eine politische sein. Deutschland muss sich für eine langfristige multilaterale Strategie, ein umfassendes diplomatisches Engagement und – nicht zuletzt –eine grundsätzliche Neuausrichtung der Waffenexportpolitik einsetzen.
Wir Grüne im Bundestag haben dazu im März 2018 einen Entschließungsantrag (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/013/1901344.pdf) eingereicht, der die von uns als notwendig erachteten ersten Schritte für eine nachhaltige Konfliktlösung in Syrien und Irak auflistet und an dem wir grundsätzlich auch weiterhin festhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Kappert-Gonther