Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Petra O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Haben Sie von der Bilanzierungsmöglichkeit Matrix 5.0 der Gemeinwohlökonomie (Christian Felber u.a. / www.ecogood.org) - dem Wirtschaftsprinzip Kooperation statt Konkurrenz gehört? Wenn ja, planen Sie dieses durch das Einbringen als gesetzliche Vorgabe für Unternehmen und Gemeinden als Standard einzuführen? Die EU-Richtlinie für die nichtfinanzielle Berichterstattung ist seit 01.01.2017 in Kraft.
Sehr geehrte Frau O.,
vielen Dank für Ihre Frage. Grundsätzlich sehen wir Grüne die Notwendigkeit, unsere Art zu leben und zu wirtschaften so zu verändern, dass wir die ökologischen Grenzen unseres Planeten respektieren. Wir streiten daher - genauso wie Christian Felber und die vielen Anhänger*innen der GWÖ- für eine ökologische Politik, die Gemeinwohlorientierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Teilhabe und Verantwortung für kommende Generationen fördert. Dabei sind wir dankbar für die Inspirationen und Denkanstöße, die u. a. aus der von Ihnen angesprochenen Matrix hervorgehen.
Als Grüne betrachte ich die EU-Richtlinie zur nicht-finanziellen Berichterstattung als einen Schritt in die richtige Richtung: die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsindikatoren soll für Unternehmen in Deutschland ebenso selbstverständlich und relevant werden wie die finanziellen Berichte. Nur bleibt die von der Bundesregierung verabschiedete Umsetzung leider deutlich hinter der Richtlinie zurück: die Regeln gelten nur für etwa 300 Unternehmen und klare Kriterien bezüglich der Informationen werden schmerzlich vermisst. Ich werde mich dafür einsetzen, dass hier deutlich nachgebessert wird!
Wir Grüne fordern, dass öffentliche und private Unternehmen transparent darlegen müssen, wie ihr Beitrag zum Gemeinwohl aussieht. In einem ersten Schritt wollen wir Grüne die Gemeinwohlbilanzierung für die Deutsche Bahn einführen. Alle größeren privaten Unternehmen sollen in ihrem Jahresabschluss über Nachhaltigkeitsindikatoren wie z.B. CO2-Emissionen berichten. Die bestehenden Ausnahmen für nicht börsennotierte Unternehmen sowie für viele Banken und Versicherer werden wir abschaffen. Auf der anderen Seite wollen wir Unternehmen unterstützen, die den Weg in die ökologische Erneuerung gehen. Hierzu zählen auch Genossenschaften, die unternehmerisches Handeln mit Gemeinwohlorientierung kombinieren und daher ein krisenfester Motor einer gemeinwohlorientierten Ökonomie sein können. Um eine Gründungswelle von Genossenschaften anzuregen, wollen wir Grüne die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaften entbürokratisieren und von überkommenen Verfahrensvorschriften befreien.
Wir Grüne ebnen somit den Weg hin zu einer Ökonomie, die auf Gemeinwohlstreben und Kooperation statt auf Gewinnstreben und Konkurrenz abzielt.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kirsten Kappert-Gonther