Frage an Kerstin Vieregge von Emese B. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Nachdem Sie sich im März gegen eine Aufnahme von schutzbedürftigen Geflüchteten entschieden haben und es nun zur Katastrophe gekommen ist - was werden Sie jetzt tun, damit Deutschland in dieser Situation schnell eben jene Menschen aufnimmt und endlich im Sinne einer solidarischen Gemeinschaft handelt?
Sehr geehrte Frau Bodolay,
vielen Dank für Ihre Nachricht, die mich über das Internetportal abgeordnetenwatch.de erreicht hat. Gerne will ich darauf antworten.
Die jüngsten Entwicklungen auf Lesbos machen deutlich, wie dringend eine gemeinsame europäische Antwort in der Migrationsfrage ist. Hilfe muss nun vorwiegend vor Ort geleistet werden. Die Europäische Kommission ist hier in der Pflicht unverzüglich zu handeln und die Hilfsangebote der europäischen Mitgliedstaaten zu koordinieren.
Klar ist für mich: Die Zustände in Moria sind unhaltbar. Unsere Nächstenliebe gebietet es, dort in vernünftiger Weise zu helfen.
Alleingänge Deutschlands bei einer Übernahme von Migranten von der Insel Lesbos wären aus meiner Sicht dagegen ein falsches Signal, weil dies den Eindruck erwecken könnte, Deutschland werde die Situation schon allein lösen. Die Chance auf ein gemeinsames europäisches Handeln würde dadurch eher behindert.
Mittelfristig ist drüber hinaus entscheidend, dass Griechenland endlich das EU-Türkei-Abkommen operativ umsetzt und auf europäischer Ebene die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorangebracht wird.
Dabei sind nach meiner Meinung vier Kernpunkte entscheidend:
1. Die EU braucht einen gemeinsamen, wirksamen Außengrenzschutz.
2. Asylgesuche müssen durchweg bereits an der europäischen Außengrenze gestellt und geprüft werden. Bei Nichtschutzbedürftigen muss eine Zurückweisung bzw. Rückführung direkt von dort aus erfolgen.
3. Sekundärmigration muss innerhalb Europas mit wirksamen Maßnahmen unterbunden werden. Mitgliedstaaten, die einmal für Bewerber zuständig geworden sind, müssen hierfür dauerhaft zuständig bleiben. Anspruch auf Sozialleistungen darf es dann nur in diesen Staaten geben.
4. Jeder EU-Staat muss seiner Verantwortung gerecht werden und einen angemessenen Beitrag in Bezug auf die Verteilung bzw. Versorgung der Schutzbedürftigen leisten.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Vieregge