Frage an Kerstin Täubner-Benicke von Petra S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Taubner-Benicke,
seit der Zentralisierung der Zuständigkeit für afghanische Flüchtlinge in die ZAB häufen sich die Ablehnungen zur Arbeits- und Ausbildungserlaubnis. Wer keine Ausweispapiere hat, dem wird vorgeworfen, seine Identität verschleiern zu wollen. Die Tazkira zu beschaffen, wenn man nicht im Land ist, kostet mindestens 5000 Euro. Das ist der Preis, dass überhaupt jemand tätig wird. Wie soll diese Summe zusammengespart werden, wenn man keine Einkommensmöglichkeit erhält? Erfragt man den Passersatz bei der afghanischen Botschaft, wird dies als konkrete Maßnahme zur Ausreise interpretiert und man erhält wieder keine Ausbildungs- und Arbeitserlaubnis.
Außerdem würde bei einer Arbeitserlaubnis der Steuerzahler entlastet.
Was ist Ihre Meinung zu der Problematik und welche Maßnahmen würden Sie umsetzen, wenn Sie entscheiden dürften?
Mit freundlichen Grüßen
P. S.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. An dem Thema, das Sie ansprechen sind wir schon auf allen Ebenen dran. Bei uns im Landkreis haben wir Berichte aus den Helferkreisen, dass es Schwierigkeiten bei den Arbeitsgenehmigungen gibt. Dabei wäre es so wichtig, erstens den Geflüchteten zu helfen, hier Fuß zu fassen, etwas Sinnvolles zu tun, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen, und zweitens eine Rechtssicherheit für die Unternehmen zu schaffen, die händeringend nach Auszubildenden suchen, und interessiert sind, Menschen zu beschäftigen. Ich hänge Ihnen hier zwei Pressemitteilungen der Grünen Landtagsfraktion an, damit Sie sehen, wir sind nicht untätig. Leider ist die Staatsregierung nicht bereit, dementsprechend zu handeln. Und die Ausländerbehörden nutzen Spielräume auch nicht im Sinne der Menschen aus.
Aus der PM vom 14.07.2017 von Margaret Bause
Jungen Flüchtlingen müssen Integration und Ausbildung ermöglicht werden. Wir Grüne wollen, dass die CSU-Regierung ihre Schikanen beendet und konkret, dass diejenigen, die Einstiegsqualifizierungsmaßnahmen (EQJ) absolviert haben, eine Ausbildung beginnen dürfen.
Viele junge Flüchtlinge wählten – auch auf Anraten der Bildungseinrichtungen, Kammern und Unternehmen – ein EQJ-Jahr, um danach die Ausbildung mit dem Einstieg in das zweite Ausbildungsjahr fortsetzen zu können. Derzeit verwehren die bayerischen Ausländerbehörden hunderten von jungen Flüchtlingen die Fortsetzung ihrer Ausbildung.
Mit einem Dringlichkeitsantrag haben wir Grüne gefordert, dass diese Schikanen beendet werden. Unsere integrationspolitische Sprecherin Margarete Bause erläuterte bei der Antragsberatung im Rechtsausschuss, dass dieser Antrag auch auf Forderungen bayerischer Unternehmen zurückgeht. "Die Betriebe brauchen Rechtssicherheit. Sie wollen planen können. Es ist für die Integration der jungen Menschen wichtig, dass sie eine Ausbildung erhalten können.", so Margarete Bause.
Die CSU lehnte diesen Antrag ab – so wie auch schon einen ähnlichen grünen Antrag im März 2017, mit der Forderung, dass die Genehmigungen für Ausbildungsverträge und für Einstiegsqualifizierungsmaßnahmen (EQJ) schneller erteilt werden sollten. Die Begründung der CSU im Rechtsausschuss, dass solche beruflichen Ausbildungen für die Flüchtlinge "das Asylrecht aushebeln würden", wurde von Margarete Bause widerlegt. Sie forderte die CSU-Regierung auf, die Jugendlichen nicht noch länger zu behindern und ihnen nicht immer weitere Hürden in den Weg zu stellen. Ausbildungen helfen bei der Integration oder können den Betroffenen selbst im Falle einer Abschiebung nutzen. Margarete Bause: "Folgen Sie den Appellen vieler bayerischer Betriebe, gerade im Bereich der Altenpflege, und schaffen Sie Rechtssicherheit und die Möglichkeit für langfristige Planungen im Bereich der Ausbildungsverhältnisse."
Aus der PM der Grünen Landtagsfraktion vom 18.08.2017 von Christine Kamm
"Wie das CSU-Innenministerium mit Anträgen auf ausländerrechtliche Erteilung einer Ausbildungserlaubnis umgeht, ist höchst ärgerlich und schäbig", kritisiert unsere asylpolitische Sprecherin, Christine Kamm. "Staatssekretär Eck kann und will nicht sagen, wie viele vorgelegte Ausbildungsverträge genehmigt wurden, wie viele nicht und auch nicht, wie viele noch unbearbeitet sind."
Dem CSU-Innenministerium sei es offenbar egal, ob nachgeordnete Behörden ihre Arbeit sachgerecht erledigen. "Während bayerische Unternehmen noch reihenweise Azubis suchen, sieht man tatenlos zu, wie zahlreiche Ausländerbehörden jungen Menschen die Aufnahme einer Ausbildung durch monatelange Nichtbearbeitung von Anträgen oder rechtswidrige Ablehnungen verwehren." Die Ausflüchte, dass die Erfassung der Erteilung oder Verweigerung von Arbeitserlaubnissen bundesgesetzlich nicht vorgeschrieben sei, will Christine Kamm nicht gelten lassen: "Hier wird das Bundesintegrationsgesetz ausgehebelt."
Aufgrund zahlreicher Rückmeldungen von Ehrenamtlichen und Unternehmen stellt Christine Kamm fest, dass weiterhin in verschiedenen Ausländerbehörden viele Anträge auf ausländerrechtliche Erteilung einer Ausbildungserlaubnis einfach nicht bearbeitet oder mündlich, ohne irgendeine Begründung, abgelehnt werden. "Das haben die jungen Menschen, die sich den Hauptschulabschluss und die Ausbildungsreife erarbeitet haben, nicht verdient." Christine Kamm fordert eine schnelle und sachgerechte Bearbeitung der Anträge. "Das heißt: Innerhalb von vier Wochen und bei Ablehnung mit schriftlicher Begründung."
Vielen Dank für Ihren Einsatz!
Mit freundlichen Grüßen,
Kerstin Täubner-Benicke