Frage an Katrin Werner von Inge R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Werner,
als Mutter einer schwerstbehinderten Tochter von 30 Jahren bitte ich Sie um eine Stellungnahme als behindertenpolitische Sprecherin zu dem geplanten Bundesleistungsgesetz.
Im Ergebnisprotokoll der Arbeits- und Sozialministerkonferenz vom November 2013 kann man (auf Seite 98 ab Zeile 655) nachlesen, dass das geplante Teilhabegeld bis auf einen Selbstbehalt auf die Leistungen der Eingliederungshilfe angerechnet werden soll, wenn der behinderte Mensch weiterhin darauf angewiesen ist.
Gleichzeitig soll der Anspruch der Eltern auf Kindergeld für ihre erwachsenen Töchter und Söhne entfallen (siehe Seite 98 ab Zeile 639). Dadurch entfallen den Eltern die Nachteilsausgleiche, die ein erwerbsunfähiges Kind steuerlich nicht geltend machen kann, die aber trotzdem zustehen bzw. entstehen ( Schwerbehindertenpauschale, Fahrtkosten, außergewöhnliche Belastungen etc). Bei Eltern im öffentlichen Dienst mindert sich obendrein der Familienzuschlag.
Ausgerechnet bei denjenigen, denen absolut kein Selbstbestimmungsrecht zugestanden und das Teilhabegeld auf die Werkstatt- oder Förderstättenkosten angerechnet werden soll, sollen mit der irreführenden Begründung des "selbstbestimmten Lebens" massive finanzielle Kürzungen vorgenommen werden.
Wie stehen Sie zu diesen Empfehlungen und Vorgaben der ASMK?
Mit freundlichen Grüßen
Inge Rosenberger
(Antwort bereits im März 2014 per Mail an die Fragestellerin gesendet)
Sehr geehrte Frau Rosenberger,
Frau Katrin Werner hat Ihre mail vom Sonntag zu Beginn der heutigen Veranstaltung noch von mir erhalten, und dankt Ihnen dafür. Sie bat mich, Ihnen zu antworten.
In der heutigen Arbeitsgruppe, in die die von Ihnen geschilderte Problematik gehört, wurde das Thema, im Zusammenhang mit dem Teilhabegeld und einer bundeseinheitlichen Bedarfsfeststellung in allgemeiner Form angesprochen. Ich war bei dieser Diskussion dabei. Mein Eindruck ist, dass wirklich mehr Aufmerksamkeit für diese Kürzungsgefahr nötig wird.
Das wird möglich sein, wenn konkrete Arbeitsvorschläge aus dem Ministerium diskutiert werden, die jedoch noch nicht vorliegen. Einhellig jedoch forderten die Teilnehmer heute - nicht nur in dieser Gruppe -, die Einkommens- und Vermögensunabhängigkeit als Grundprinzip an den Anfang des Gesetzes zu stellen und nicht, wie auf der ASMK in Magdeburg, am Ende der Überlegungen zu behandeln. Einig waren sich alle auch darin, dass diese Leistungen für jede Lebenslage und Lebensphase gelten sollen und für alle Menschen mit Behinderungen.
Sie haben recht: auch der Satz im Koalitionsvertrag, dass keine neue Ausgabendynamik entstehen soll, läßt aufhorchen.
Frau Werner wird sich in Ihrem Sinne in diese Debatte einbringen und parlamentarisch aktiv werden. Wir werden Sie darüber informieren, wenn Sie es wünschen und freuen uns über Ihre Anregungen.
Mit freundlichen Grüßen
Sonja Kemnitz
wissenschaftliche Mitarbeiterin