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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Günter B. •

Direktversicherungsgeschädigte mit Abschluss vor 2004: Was haben Sie bisher unternommen und was beabsichtigen Sie, um diese Ungerechtigkeit zu ändern? Gibt es in Programm Ihrer Partei dazu Aussagen.

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
Im Jahr 2003 wurde von der Regierung das Gesundheitsmodernisierungsgesetz verabschiedet.
Das hatte zur Folge, das ab 2004 Direktversicherte, die privat für das Alter vorgesorgt haben, fast 20 Prozent der angesparten Summe (den vollen Beitrag) an die Kranken- und Pflegeverschicherung entrichten müssen.
Das betrifft -rückwirkend- auch diejenigen, die vor 2004 die Versicherung abgeschlossen haben.
Die Sachlage ist hinreichend bekannt.

Meine Fragen:
Was haben Sie als Abgeordneter bisher unternommen, um diese Ungerechtigkeit zu ändern?
Was beabsichtigen Sie in der neuen Legislaturperiode daran zu ändern.
Gibt es in Programm Ihrer Partei dazu Aussagen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unterliegen seit langem der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Seit dem GKV-Modernisierungsgesetz von 2004 ist allerdings nicht mehr nur der halbe, sondern der volle Beitragssatz zu zahlen. Außerdem ist seitdem jede als Versorgungsbezug zu wertende Kapitalleistung beitragspflichtig, insofern sie auf vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Beiträgen beruht. Zahlen Arbeitnehmer:innen in der Anwartschaftsphase die Beiträge für ihre Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung selbst, handelt es sich häufig um Zahlungen aus dem Nettoeinkommen. Diese Personengruppe hat ihre Betriebsrente also selbst aus bereits verbeitragtem Einkommen finanziert. Auch in der Auszahlungsphase (Rentenphase) unterliegt die Betriebsrente der Beitragspflicht.

Die aus Sicht vieler Betroffener fairste Lösung wäre eine Regelung, die gezielt diejenigen unterstützt, die vor 2004 einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen und in diesen allein eingezahlt haben. Denn die Betroffenen empfinden die bestehende Regelung zurecht als ungerecht, da sie sich im Glauben an eine dauerhafte Beitragsfreiheit für diese Form der Alterssicherung entschieden haben.

Allerdings fehlt eine ausreichende Datengrundlage, um die betroffenen Personen einwandfrei zu identifizieren. Deshalb haben wir uns zu einem Lösungsvorschlag durchgerungen, der für alle gilt – also auch etwa für diejenigen, die über eine beitragsfreie Entgeltumwandlung vorgesorgt haben, womit eine volle Verbeitragung ihrer Betriebsrenten im Prinzip korrekt wäre. Eine Halbierung des Beitragssatzes würde in diesen Fällen eine eigentlich nicht gerechtfertigte Gewährung eines Vorteils zulasten der Versichertengemeinschaft bedeuten. Trotzdem erkennen wir mit Blick auf das wichtige rentenpolitische Ziel einer Stärkung der betrieblichen Altersversorgung die Notwendigkeit einer Entlastung bei den Krankenversicherungsbeiträgen von Betriebsrentner:innen an. Da es aber keine trennscharfe, sondern nur eine Generallösung geben kann, die im Übrigen ja auch für die Zukunft gilt, kann diese Lösung nicht so umfangreich ausfallen.

Deshalb halten wir die Lösung, einen Freibetrag einzuführen, für sinnvoll. Die entsprechenden Einnahmeausfälle sollen den gesetzlichen Krankenkassen aus Steuermitteln ersetzt werden. Damit werden zielgerichtet Personen mit vergleichsweise kleinen Betriebsrenten entlastet: Mit der Einführung eines steuerfinanzierten Freibetrages in Höhe von zunächst gut 155 Euro kommen auch Betriebsrentner:innen mit einer Betriebsrente von beispielsweise 200 Euro in den Genuss einer spürbaren Verringerung ihrer Beitragslast. Es ist uns bewusst, dass diese „kleine Lösung“ sicherlich nach wie vor für diejenigen, die vor 2004 eine Direktversicherung „aus eigener Tasche“ finanziert haben, eine nicht vollständig befriedigende Lösung darstellen mag. Aber in puncto fiskalischer Machbarkeit, sozialpolitischer Zielgenauigkeit und technischer Durchführbarkeit ist dies ein tragfähiger Kompromiss.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber im Jahr 2002 aufgefordert, Pensionen und Renten steuerlich gleich zu behandeln. Mit der Verabschiedung des Alterseinkünftegesetzes hat der Bundestag dieser richterlichen Entscheidung entsprochen. Die Folge: Ab 2040 werden gesetzliche Renten vollständig besteuert (vollständige nachgelagerte Besteuerung). Allerdings müssen Vorsorgeaufwendungen während des Erwerbslebens im Gegenzug nicht mehr aus versteuertem Einkommen geleistet werden. Im Verlauf des Lebens findet also ein Ausgleich statt. In der Regel profitieren die Bürgerinnen und Bürger von dieser Regelung, da das Einkommen während des Erwerbslebens in den meisten Fällen oberhalb des Einkommens im Ruhestand liegt.

Im Zeitraum bis 2040 gilt es Doppelbesteuerungen für diejenigen Rentnerinnen und Rentner zu vermeiden, die bereits aus versteuertem Einkommen vorgesorgt haben. Dazu enthält das Alterseinkünftegesetz eine Stufenregelung zur Höhe der Rentenbesteuerung und zur Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen. Der Bundesfinanzhof bestätigt in seinen jüngsten Urteilen die geltende Rechtsprechung: Generell und im Allgemeinen liegt Doppelbesteuerung nicht vor. Somit schafft das Gericht die nötige Klarheit zu einer über 15 Jahre zurückliegenden Reform. Das begrüßen wir. Es gilt jetzt, die Urteile genau zu prüfen und da wo nötig, Korrekturen vorzunehmen. Klar ist, dass Doppelbesteuerungen von Rentner:innen, die bereits aus versteuertem Einkommen vorgesorgt haben, auch künftig vermieden werden müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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