Frage an Katrin Göring-Eckardt von Herbert J. bezüglich Politisches Leben, Parteien
Sehr geehrte Frau Göring-Eckhardt,
laut Medienberichten wird in Ihrer Partei darüber nachgedacht, die Forderung nach Volksabstimmungen auf Bundesebene aus dem Grundsatzprogramm der Grünen zu streichen. Stimmt das? Falls dies so ist, bitte ich Sie, darauf zu achten, dass diese Forderung nicht gestrichen wird, sondern im Grundsatzprogramm der Partei bleibt. Die Grünen sind 1980 mit der Forderung nach mehr Demokratie angetreten, eine stärkere direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger durch Volksbegehren und Volksab-stimmungen war ein Eckpfeiler für die Grünen (Basisdemokratie). Nachdem - vor allem durch die bundesdeutsche Beteiligung beim Krieg gegen Serbien w/dem Kosovo - vom Programmpunkt "Gewaltfreiheit" leider nicht mehr viel geblieben ist, sollte nicht noch ein weiterer Eckpfeiler der Grünen aufgegeben werden.
Für Ihre Bemühungen in dieser Frage besten Dank im Voraus.
Sehr geehrter Herr J.,
vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir hier in erster Linie Fragen die parlamentarische Arbeit von Frau Göring-Eckardt bzw. der grünen Bundestagsfraktion betreffend beantworten. Ihre Frage bezieht sich jedoch auf den Grundsatzprogrammprozess der Partei, für den der Bundesvorstand verantwortlich ist. Wir können zum Prozess nur bedingt antworten.
Klar ist: Direkte Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist und bleibt für uns Grüne ein wichtiger Grundpfeiler der Demokratie. Eine lebendige Demokratie braucht Einmischung, Debatte, Repräsentanz und Kompromissfähigkeit. Diese Prinzipien finden sich auch im Programmentwurf des Bundesvorstands wieder. Dieser setzt sich für BürgerInnen-Räte ein. Mit diesen soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei ausgewählten Themen die Alltagsexpertise von zufällig ausgewählten BürgerInnen noch direkter in die Gesetzgebung einfließen zu lassen. BürgerInnen-Räte können nach unserer Vorstellung auf Initiative der Regierung, des Parlaments oder als Bürgerbegehren, also von unten aus der Bevölkerung heraus zu einer konkreten Fragestellung eingesetzt werden. Das soll auch auf Bundesebene möglich sein.
Für dieses Instrument sprechen viele Gründe, deren Erörterung an dieser Stelle zu weit führen würde. Wir sind sicher, der Bundesvorstand beantwortet Ihnen Fragen dazu gern. Wie Sie wissen, sind die Grünen eine basisdemokratisch ausgerichtete Partei, bei der die Mitglieder viele Mitsprachemöglichkeiten bei der künftigen Programmatik haben. Ihre Frage bezieht sich auf einen Entwurf, der im Augenblick in der Partei breit diskutiert wird. Eine Debatte, zu der jedes Parteimitglied herzlich eingeladen ist, sich zu beteiligen. Das dann auf dem kommenden Parteitag zu verabschiedende Grundsatzprogramm ist Ausdruck des Willens der Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt