Frage an Katrin Göring-Eckardt von Heike R. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
Sie kritisieren in der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik mal wieder Seehofer.
Quelle: https://de.yahoo.com/nachrichten/g%C3%B6ring-eckardt-kritisiert-seehofers-angebot-104125959.html
Ich habe mal 3 Fragen.
1. Was eigentlich konkret haben Sie bisher getan, damit Deutschlands Alleingänge in der Flüchtlingskrise endlich enden und es eine gesamteuropäische Lösung gibt, wie uns bereits seit 2015 von Merkel versprochen?
quelle: https://www.tagesschau.de/inland/bundestag-generaldebatte-113.html
2. Meinen Sie, Deutschland kann man ständig, mit der langsam, sorry, zur Phrase verkommenden "moralischen Verpflichtung" zur Aufnahme animieren? Haben Sie noch andere Argumente, als die ständig reflexartige "Moralkeule", die sich langsam abnutzt?
3. Frau Göring-Eckardt, lt. GG sind Sie gewählte Abgeordnete aller deutschen Staatsbürger. Was meinen Sie eigentlich, möchte die demokratische Mehrheit unserer Bevölkerung? Was konkret haben Sie als gewählte Volksvertreterin nachweislich bis dato unternommen, den Mehrheitswillen der Bevölkerung zur weiteren, in der EU recht einseitigen, Flüchtlingsaufnahme zu erforschen? Oder sprechen Sie nur in Ihren eigenen Namen?
Wo, bitte ganz konkret, finde ich Informationen, wie der Mehrheitswille der Bevölkerung zur weiteren Flüchtlingsaufnahe in Deutschland, ohne eine abgestimmten gesamteuropäischen Lösung, ausssieht? In den Medien nehme ich nur
Einzelmeinungen von immer gleichen Politikern, wie z.b.Sie, war.
Sehen Sie sich persönlich als Sprachrohr eines Mehrheitswillens (?) der Bevölkerung?
Warum an Seehofer abarbeiten, der auch nur seine Position vertritt, wie Sie die Ihre vertreten? Woher die "Anmaßung", Ihre Position sei die Richtige?
Weshalb führen Sie (und natürlich auch die anderen demokratisch gewählten Politiker) nicht endlich einen offenen und konstruktiven Diskurs mit der Bevölkerung, was eigentlich diese in der weiteren Flüchtlingsthematik erwartet und möchte ???
Mit freundlichem Gruß
H. R.
Sehr geehrte Frau Rogall,
vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.
Zu 1.: Als Opposition im Bundestag stehen wir nicht in der direkten Verantwortung zu einer europäischen Lösung beizutragen. Diese Verantwortung tragen aktuell die Bundesregierung und insbesondere der Bundesinnenminister über die EU-Innenministerkonferenz. Deutschland hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und sollte die Schaffung einer humanen europäischen Flüchtlingspolitik als zentrales Vorhaben vorantreiben. Der Verweis auf die Notwendigkeit einer Europäischen Lösung darf jedoch keine ad-hoc Nothilfe für die Geflüchteten auf den griechischen Inseln verhindern. Weitere Informationen zu unseren Vorstellungen für ein Europäisches Asylsystem, das Humanität und Ordnung zusammenbringt, finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/integration/pdf/200915-AP_Menschenwuerde_im_Mittelpunkt.pdf Neben einer humanitären Lösung ist es erforderlich auch wirkungsvolle legale Migrationswege zu etablieren. Dafür haben wir bereits vor zwei Jahren einen eigenen Gesetzesentwurf für ein Einwanderungsgesetz vorgelegt, das legale Zugangswege schafft und gleichzeitig für Abhilfe beim Fachkräftemangel sorgen soll. Den Entwurf finden Sie hier: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/065/1906542.pdf
Zu 2.: Für uns ist die "moralische Verpflichtung" nicht nur eine hohle Phrase, sie ergibt sich aus Artikel 1 unseres Grundgesetzes, humanitärem Völkerrecht und den menschenunwürdigen Bedingungen, die in den Lagern auf den griechischen Inseln, insbesondere Moria herrschen. Der Schutz der Menschenwürde darf sich nicht abnutzen. Die Bereitschaft und Kapazitäten mehr zu tun als bisher, sind durchaus vorhanden. Das zeigen auch die beschlossenen Landesaufnahmeprogramme in Berlin und Thüringen, die bisher das Innenministerium blockiert, und die zahlreichen Städte und Gemeinden, die sich der Initiative „Sichere Häfen“ angeschlossen haben.
Zu 3.: Politische Parteien und Abgeordnete werden nicht dafür gewählt, die Meinungen aller Wählerinnen und Wähler zu repräsentieren, sondern die, von denen sie gewählt wurden. Frau Göring-Eckardt spricht in dieser und allen weiteren Fragen somit primär von ihrer eigenen Position beziehungsweise als Fraktionsvorsitzende von der Position der Fraktion. Diese repräsentiert damit die Meinung derjenigen, die bei der letzten Bundestagswahl unserer Partei und deren Abgeordneten ihre Stimme gegeben haben. Falls die Mehrheit der Bevölkerung diese Meinung nicht teilen sollte (was laut aktuellem ZDF-Politbarometer jedoch nicht der Fall ist: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/politbarometer-corona-proteste-100.html), wird sich das entsprechend in Wahlergebnissen und Abstimmungsergebnissen in den Parlamenten widerspiegeln.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt