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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Leonie E. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Leonie E. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

es gibt keine Fortbildungspflicht bei Abgeordneten, hier wird häufig das freie Mandat angeführt.

Während es innerhalb der Exekutive und Judikative solche Verpflichtungen gibt (z.B. Fortbildungen für Richter in HH seit 2019, trotz richterlicher Unabhängigkeit), fehlt diese Fortbildungspflicht in der Legislativen scheinbar.

Wie stehen Sie zu verpflichtenden Fortbildungen für Abgeordnete?

Mit freundlichen Grüßen,
Leonie Engelfried

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau E.,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Wir teilen die Prämisse ihres Anliegens und ihrer Petition - der Klimawandel ist die größte Herausforderung der Menschheit zu unserer Zeit. Ob allerdings eine Fortbildungspflicht das richtige Instrument ist, erscheint fraglich.

Ein schwerwiegendes Argument führen Sie bereits selbst an, das freie Mandat. Insofern trägt der Vergleich mit Richtern und Beamten auch nicht. Denn anders als für diese gilt für Abgeordnete Art. 38, Abs. 1 GG "[Die Abgeordneten] sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." Und diese Freiheit des Mandats ist sehr weitreichend und umfasst auch die Frage, WIE Abgeordnete ihr Mandat ausüben: Welcher Themen sie sich annehmen, wie sie sich mit diesen Themen auseinandersetzen, letztlich also auch, wie sie sich darüber informieren. Festzuschreiben, dass Abgeordnete sich fortbilden müssten, umfasst letztlich auch eine Festschreibung, worüber sie sich fortbilden müssten und schränkt damit die eigene Urteilsbildung der Abgeordneten ein. Im Sinne der Vielfalt von Meinungen wäre dies nicht, egal ob uns das Ergebnis gefällt oder nicht. Es gibt auch ein Recht auf weniger kluge Ansichten und Meinungen.

Eine Fortbildungspflicht zu fordern impliziert, dass sich die Abgeordneten nicht fortbilden würden. Das entspricht aber nicht unseren Erfahrungen in der parlamentarischen Praxis. Die Komplexität parlamentarischer Vorhaben erfordert nahezu zwangsläufig, dass sie sich zu Themen informieren und fortbilden. Und dafür stehen ihnen eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung: Jenseits des eigenen Mitarbeiterstabes und dessen der Fraktion auch die Bibliothek des Bundestages, der wissenschaftliche Dienst des Bundestages, aber auch Fachgespräche u.v.m. Wir dürfen Ihnen versichern: Diese Instrumente werden rege genutzt.

Nicht immer treffen Abgeordnete in Parlamenten Entscheidungen, von denen wir oder Sie sagen würden, dass es kluge Entscheidungen sind. Aber das ist das Wesen der Demokratie. Tatsächlich muss gefragt werden, ob tatsächlich ein Mangel an Wissen zu diesen Entscheidungen führt oder ob nicht andere Gründe, bzw. die Abwägung zwischen diesen, den Ausschlag für oder gegen eine Entscheidung gegeben hat.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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