Frage an Katrin Göring-Eckardt von Ulrich P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt
unsere Familie ist seit 13 Jahren vom Elternunterhalt betroffen. Der Haftungszeitraum könnte noch für weitere Jahrzehnte andauern. Meine Schwiegermutter bezieht Eingliederungshilfe für Behinderte. Neben regelmäßigen Einkommens- und Vermögensprüfungen stehen auch ständige Auseinandersetzungen mit dem Sozialhilfeträger auf dem Programm. Das belastet und kostet Kraft und Nerven. Leistung lohnt sich nicht mehr, da über der individuellen Freigrenze 50% des Nettoeinkommens für den Elternunterhalt verwendet werden muss.
Lt. Koalitionsvertrag sollen Angehörige von Pflegebedürftigen entlastet werden (100T€ Grenze). Die derzeitigen Planungen bei der Entlastung beziehen sich auf die Hilfe zur Pflege, nicht jedoch auf die Eingliederungshilfe für Behinderte.
Die Konsequenzen einer derartigen Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zur Entlastung Angehöriger von Pflegebedürftigen wären wie folgt:
1. Einschränkung beim Sozialhilferückgriff auf volljährige Kinder, falls die Eltern Hilfe zur Pflege beziehen (100T€ Grenze, was ich sehr begrüße).
2. Keine Einschränkung beim Rückgriff auf volljährige Kinder, falls die Eltern Eingliederungshilfe für Behinderte beziehen (weiterhin Elternunterhalt, was ich ungerecht finde).
Hinzu kommt, dass Kinder von Eltern die Eingliederungshilfe beziehen manchmal über Jahrzehnte in der Unterhaltspflicht sind.
Meine Familie würde es sehr begrüßen, wenn die Grünen sich bei der geplanten Gesetzesänderung zur Entlastung von Angehörigen für eine Gleichbehandlung beim Unterhaltsrückgriff sowohl für Angehörige von Pflegebedürftigen (Hilfe zur Pflege) als auch für Angehörige von Behinderten (Eingliederungshilfe) einsetzen könnten. Werden Sie sich dafür einsetzen?
Bitte dazu um Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
U. P.
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.
Wir lehnen jegliche Anrechnung des Einkommens und Vermögens bei der Eingliederungshilfe ab. Wer Teilhabeleistungen zum Ausgleich behinderungsbedingter Unterstützungsbedarfe erhält, soll diese nicht persönlich (mit)finanzieren müssen. Auch die Anrechnung des Partnereinkommens muss vollständig aufgehoben werden. Entgegen den Aussagen der Bundesregierung, spielt das Partnereinkommen weiterhin eine Rolle bei der Berechnung des Eigenanteils, da der Freibetrag nach Einkommen variiert.
Geld zu sparen oder etwa für das Alter vorzusorgen war für viele Menschen mit Behinderungen unmöglich. So erhielten Alleinstehende nur dann Leistungen, wenn sie ihr Vermögen bis auf einen Betrag von 2.600 Euro aufgebraucht hatten. Die im Gesetz enthaltene Neuregelung wird zwar viele entlasten, eine komplette Abschaffung der Pflicht, den Bedarf an Teilhabeleistungen teilweise aus eigenen Mitteln zu finanzieren, ist jedoch nicht absehbar.
Das will die Grüne Bundestagsfraktion ändern. Wer Unterstützung braucht, soll sie im Sinne eines Nachteilsausgleichs gewährt bekommen. Auch das ist Teil einer Infrastruktur in einer inklusiven Gesellschaft. Das gilt selbstverständlich auch für die Heranziehung von Angehörigen. Das Bundesteilhabegesetz sieht offenbar ab 2020 einen Verzicht auf die Heranziehung von Kindern vor. Die Bundesregierung wird in einigen Wochen einen Gesetzentwurf ins Parlament bringen, mit dem Fehler und Unklarheiten im BTHG beseitigt werden sollen. Im Zuge dessen werden wir auch dieses Thema berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt