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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Ottmar M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Göring-Eckardt,

in dieser Bundestagsdebatte, https://youtu.be/9Ek2ujd_xBk?list=LLxYuFr-hBj04paDFDXbO7pw deren Echtheit Sie sicher bestätigen können, wirft Ihnen MdB Dagdelen vor, in der Ukraine mit Faschisten zu sympathisieren, was Sie vehement bestreiten.
Selbst auf der Website des ukrainischen Präsidenten Poroschenko https://www.president.gov.ua/storage/j-image-storage/10/19/58/062e86c5bfcaaab929d9b05e9b5d3f19_1544092583_extra_large.jpeg ist Poroschenko neben einem Soldaten der ukrainischen Armee mit dem Totenkopfsymbol der faschistischen Waffen-SS zu sehen.
Bei „Wikipedia“ steht über das Bataillon Aidar: “Die Tagesschau berichtete: "Besonders berüchtigt ist das Bataillon AIDAR, zu dem rechtsgerichtete ukrainische Nationalisten gehören, von denen sich einige mit Hakenkreuzen und anderen Nazi-Symbolen schmücken,“ Ähnliches findet man dort auch über das Bataillon Asow, die beide am Krieg in der Ostukraine beteiligt waren und denen Amnesty Intern. Kriegsverbrechen vorwirft. Lt. Wkipedia ist Aidar in die ukrainische Armee eingegliedert. Gegen wen führt die Ukraine im Osten des Landes überhaupt Krieg? Gegen Russland oder gegen die eigene Bevölkerung? Ist es andererseits nicht verständlich, daß sich die Bevölkerung wehrt, wenn selbst auf der Website des Präsidenten Nazi-Symbole „salonfähig“ sind? Auf der Website der Grünen steht, dass man sich gegen „Rechtspopulismus“ und „völkischen Nationalismus“ engagiere. Für die ukrainische Regierung gilt das nun nicht, oder wie ist das zu verstehen? Alles halb so schlimm mit faschistischen Erscheinungen in der Ukraine? Aus einem Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion vom 27.11.18 (www.cducsu.de) zur Ukraine geht hervor, daß Kiew Minsk II nicht umsetzt. Warum hat das keine Konsequenzen? Als „Revolution der Würde“ wird der Regimewechsel in Kiew bezeichnet. Warum sind dann die Maidan-Morde immer noch nicht aufgeklärt? Auch darauf weist das Papier der CDU/CSU hin.

O. M.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Als Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen setzen wir uns seit Jahren für die Stärkung von gesellschaftlicher Vielfalt und Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine ein und sehen hierbei die demokratische Zivilgesellschaft der Ukraine als wichtigsten Partner, um Menschenrechte und die Annäherung der Ukraine an die Europäische Union weiter voranzubringen. Ein besonderes Anliegen ist uns die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen, die im Zweiten Weltkrieg millionenfach Tod und Leid über Europa gebracht haben, auch im Gebiet der heutigen Ukraine. Gerade im Wissen um Deutschlands historische Verantwortung für diese Verbrechen bekennen wir uns zur aktiven Unterstützung der heutigen, unabhängigen Ukraine und ihrer Gesellschaft bei ihren Bemühungen um Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliche Entwicklung. Rechtsextremismus und Geschichtsrevisionismus lehnen wir grundsätzlich und entschieden ab. Dazu finden Sie auch unseren Antrag aus der letzten Legislatur unter http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/100/1810042.pdf

Nicht nur ich selbst, sondern auch meine Fraktionskolleginnen und -kollegen sind wiederholt in die Ukraine gereist, um uns vor Ort in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, internationalen Organisationen, Menschenrechtsorganisationen und antifaschistischen Initiativen über die politische Lage des Landes zu informieren. Wie in vielen europäischen Ländern gibt es auch in der Ukraine politische Kräfte, die eine rechtsextremistische Ideologie vertreten. Diese Ideologie ist in der Ukraine jedoch alles andere als mehrheitsfähig und spielt z. B. auf parlamentarischer Ebene kaum eine Rolle. Dennoch müssen sich zivilgesellschaftliche Kräfte kritisch mit dieser Ideologie auseinandersetzen und sich ihrer menschenverachtenden Politik entgegenstellen.

Wir unterstützen ausdrücklich eines der Hauptanliegen der demokratischen Euromaidan-Bewegung von 2013/2014, nämlich den Aufbau eines effektiv und transparent arbeitenden Justizwesens in der Ukraine. Nicht zuletzt, weil es im Kampf gegen Korruption bis 2014 kaum Fortschritte gab und der Widerstand der alten Eliten gegen Reformen groß ist, ist dies ein langer und mühsamer Prozess. Dies zeigt sich auch in der schleppenden Aufarbeitung der Gewalt auf dem Kiewer Maidan oder der Ausschreitungen in Odessa. Wir werden auch weiter an der Seite derjenigen zivilgesellschaftlichen Kräfte in der Ukraine stehen, die mit großer Beharrlichkeit für Reformfortschritte und mehr Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine eintreten.

Zusätzlich werden die Reformen in der Ukraine durch die militärische Destabilisierungspolitik der russischen Staatsführung und insbesondere den andauernden Krieg im Osten des Landes gebremst. Eine Überwachung der russisch-ukrainischen Grenze durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die mit ihrer Mission in der gesamten Ukraine präsent ist – bis auf die von Russland völkerrechtswidrig annektierte Halbinsel Krim und das besagte Grenzgebiet – lehnt Russland leider seit Jahren ab. Ebenso verwahrt sich Russland gegen den Einsatz einer Blauhelmmission mit umfassenden Kompetenzen in der Ukraine. Wir treten für die vollständige Umsetzung des Minsker Abkommens ein, durch beide Seiten. Allerdings liegt es nicht im Vermögen der Ukraine, den Krieg zu beenden, solange die Ukraine ihre Staatsgrenzen nicht vollständig kontrollieren kann und Russland seine Politik nicht ändert. Deshalb unterstützen wir ausdrücklich die Beibehaltung der von der EU verhängten Sanktionen.

Für die weitere Auseinandersetzung mit Positionen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wenden Sie sich bitte an die Kolleginnen und Kollegen dort.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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