Frage an Katrin Göring-Eckardt von Malte G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Göring-Eckardt,
mich würde mal interessieren, wie wichtig Ihnen mehr direkte Demokratie nach Brexit etc. noch ist und ob ihr dies zu einer Bedingung für eine mögliche Koalition mit der Union machen würdet? Ich habe letztes Jahr den Brexit in London miterlebt und ich habe Angst vor dem Gedanken, dass auch in Deutschland über etwas abgestimmt wird, wo Linke und AfD dann das Neinlager unterstützen und ein Referendum für völlig sachfremde Themen wie Flüchtlinge etc. missbrauchen und viele eine Volksabstimmung nur nutzen würden, um den Politikern eins auszuwischen. Habe mich letztes Semester in einer Hausarbeit mit der schweizerischen Direktdemokratie näher auseinandergesetzt und kam zu der Erkenntnis, dass der Input auf Kosten des Outputs erhöht wird und bei niedriger Wahlbeteiligung noch nicht mal das.
Habe gesehen, dass bei euch mit Ausnahme des Saarlandes überall Frauen auf Listenplatz 1 sind. Hat dies einen Grund? 40-60% wäre meiner Meinung nach ein optimaler Anteil eines Geschlechts. So wird Cem Özdemir unnötig geschwächt und in Bremen ist es ja fraglich, ob es überhaupt mehr als einen grünen Sitz gibt. Mich hat dieser Umstand überrascht.
Halten Sie Claudia Roth als Bundestagsvizepräsidentin weiterhin für eine gute Besetzung, wenn mit der AfD Leute ins Parlament einziehen, welche die Schlechtigkeit in Person sind? Für mich ist sie das Paradebeispiel einer Philanthropin und ich weiß nicht so recht, ob sie hart durchgreifen kann, was bei den Nazis notwendig ist, zumal sie eine ähnliche Hassfigur wie Merkel bei denen zu sein scheint.
Wissen Sie schon, wer die Grünen am 24.09. in der Elefantenrunde vertreten wird?
Freundliche Grüße aus Nordfriesland,
M. G.
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Fragen, die wir im Namen von Frau Göring-Eckardt gerne
versuchen zu beantworten.
Zu Ihrer ersten Frage: Wir Grüne wollen Volksentscheide auch auf Bundesebene möglich machen, um eine lebendige Zivilgesellschaft zu stärken. In vielen Bundesländern sind mittlerweile Volksentscheide möglich - das ist eine gute Entwicklung. Allerdings sehen wir gerade auch im Hinblick auf die Brexit-Entscheidung, die Sie ansprechen, mögliche Risiken direkter Demokratie. Deshalb sollen vergleichbare Regeln, wie die, die für die repräsentative Demokratie gelten, greifen: Unantastbarkeit der Grundrechte, Schutz von Minderheitenrechten, Transparenzregeln bei der Finanzierung von Volksentscheiden, damit nicht großes Geld Entscheidungen beeinflusst. Zudem sollte über wichtige europäische Fragen nicht national, sondern europaweit abgestimmt werden, da sie alle Menschen in der EU betreffen. So wollen wir dem vorbeugen, dass Referenden für andere Themen missbraucht werden. Über diese Aspekte wollen wir mit möglichen Koalitionspartnern sprechen.
Zu Ihrer zweiten Frage: Frauen sind nach wie vor in vielen gesellschaftlichen Bereichen erheblich unterrepräsentiert, so auch in der Politik. Die Gleichstellung der Frau ist uns Grünen seit unserer Gründung ein wichtiges Ziel, weshalb bei uns der Grundsatz gilt: „51% der Macht den Frauen“. Zur Realisierung gilt bei uns eine Frauenquote, nach der Frauen auf Wahllisten prioritär die ungeraden Listenplätze zustehen. So kommt es, dass bis auf Ausnahmen Frauen den ersten Listenplatz bekleiden.
Zu Fragen 3 und 4: Wir sind sicher, Claudia Roth kann alten wie neuen Nazis sehr gut Paroli bieten. Das hat sie in der Vergangenheit vielfach bewiesen. Aber auch hier gilt wie überall: Über Ämter wird erst nach der Wahl entschieden.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt