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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Klaus-Peter S. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Klaus-Peter S. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo Frau Göring-Eckardt,

folgende Frage zur aktuell gültigen Gesetzeslage.
Wie lange muss man in Deutschland als EU-Ausländer gearbeitet haben, um in Deutschland einen dauerhaften Anspruch auf Sozialhilfe-Leistungen zu haben?
Gibt es einen vergleichbaren Anspruch zumindest in den anderen EU- Mitgliedsstaaten West-Europas (z.B. Österreich,Frankreich, Belgien, Spanien, Italien und in Skandinavien)?

Mit freundlichem Gruß
Klaus-Peter Steinberg

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Steinberg,

vielen Dank für ihre Frage. Leider lässt sich Ihre Frage nicht ganz so einfach beantworten, da die sozialen Sicherungssysteme in Europa unterschiedlich beschaffen sind. Grundsätzlich gilt die Personenfreizügigkeit als eine der vier Grundfesten des vereinten Europas. Mit der Freizügigkeit verbunden ist das Recht jeder und jedes Einzelnen, in einem anderen Mitgliedstaat zu wohnen, eine Ausbildung zu absolvieren, zu arbeiten oder einen Job zu suchen - zu den gleichen Bedingungen wie deren eigene Bürgerinnen und Bürger. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die sich rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten, dürfen wegen ihrer Staatsangehörigkeit nicht benachteiligt werden. Dieser Anspruch auf Gleichbehandlung gilt grundsätzlich auch für den Zugang zu Sozialleistungen und gehört zu den wichtigsten Errungenschaften der Europäischen Union.

Ein Urteil des Bundessozialgerichts von 2015 erklärte, dass EU-Bürger bereits bei einem Aufenthalt ab sechs Monaten in Deutschland Hilfen zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe beantragen können. Mit einem von der Bundesregierung im Herbst des vergangenen Jahres verabschiedeten Gesetzpaket wurde dieser Anspruch erheblich eingeschränkt. Danach gilt zum Beispiel, dass EU-Ausländer erst nach fünfjährigem Aufenthalt in Deutschland Leistungen im jeweiligen System erhalten.

Allerdings hat sich aus unserer Sicht der Bund mit diesem Gesetzpaket völlig aus der Verantwortung gestohlen und die Lösung allein bei den Kommunen verankert. Der fehlende Zugang zur sozialen Sicherheit kann dazu führen, dass Probleme vor Ort verstärkt werden, weil Menschen in Schwarzarbeit und andere Notlagen gedrängt werden. Ausserdem ist fraglich, ob solch ein Ausschluss dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums entspricht. Aus diesem Grund haben wir dem Gesetzpaket der Regierung einen eigenen Entschließungsantrag gegenüber gestellt, den sie hier nachlesen können: https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/PP_Mindestsicherung_UnionsbuergerInnen.pdf

Wie bereits eingangs gesagt: Die Leistungen in den anderen EU Ländern sind höchst unterschiedlich. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat den Sozialkompass aufgelegt, der es ermöglicht, die Leistungen zu vergleichen. ( http://www.sozialkompass.eu/ ) Der Focus hat bereits vor einigen Jahren, noch vor dem Urteil des Bundesozialgerichts, einen Vergleich gemacht und dabei festgestellt, dass Deutschland entgegen weit verbreiteter Annahme keineswegs an der Spitze der gezahlten Sozialleistungen steht. ( http://www.sozialkompass.eu/ )

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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