Frage an Katrin Göring-Eckardt von Jürgen S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
mit Entsetzen lese ich auf der Idea-Webseite:
".....Durch die Flüchtlinge wird Deutschland religiöser, bunter, vielfältiger und jünger. Diese Ansicht vertrat die EKD-Synodale und Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, bei der Aussprache zum EKD-Ratsbericht am 8. November vor der Synode in Bremen...."
Ich habe mich schon fast damit abgefunden, dass unser Land durch die in Teilen grundgesetzwidrige staatlich-klerikaler Verflechtungen zwischen unserem Staat und den beiden privilegierten Religionsgemeinschaften ein Kirchenstaat geworden ist. (Keine Sorge, dies wird sicherlich noch auf die muslimische Glaubensgemeinschaft ausgedehnt)
Nur dass es für unser Land jetzt auch noch gut sein soll, wenn Deutschland durch die Flüchtlinge noch religiöser wird, da verschlägt es mir gerade die Sprache.
Ist es im 21. Jahrhundert nicht mehr möglich, Glaubensfragen aus dem politischen Alltag vollkommen heraus zu halten und eine Vernetzung zwischen politischen und kirchlichen Ämtern zu unterlassen?
Sehr geehrter Herr Scheffler,
herzlichen Dank für ihre Mail. Ihre Auffassung einer grundgesetzwidrigen Verflechtung von Staat und Kirchen teilen wir nicht. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein säkularer Staat, in dem einige Religionsgemeinschaften, darunter die beiden großen Kirchen, als Körperschaften des Öffentlichen Rechts im Rahmen des so genannten "Kooperativen Modells" ihre gesellschaftspolitische Rolle und Funktion wahrnehmen.
Die von Frau Göring-Eckardt während der Aussprache zum Bericht des Ratsvorsitzenden geäußerte These, dass Deutschland durch den Zuzug von Geflüchteten religiöser werde, ist auf die zu erwartende gesellschaftspolitische Entwicklung bezogen. Viele derjenigen, die zu uns kommen, sind religiös und praktizieren Religion. Eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber, wie die grundgesetzlich verbriefte Religionsfreiheit im Einklang mit den für uns selbstverständlichen gesellschaftlichen Wertvorstellungen der Gleichberechtigung von Frauen oder der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften gelebt und werden kann, halten wir für notwendig. Eine Verbannung der Religion aus der Öffentlichkeit in den Bereich des Privaten ist aus unserer Sicht nicht zielführend, um religiöser Radikalisierung entgegenzuwirken oder diese rechtzeitig wahrzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Katrin Göring-Eckardt