Frage an Katrin Göring-Eckardt von Siegmund K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie können Sie moralisches Verhalten einfordern ohne es selbst vorzuleben?
Ich habe gerade gelesen, wie Sie von Ihren Erlebnissen auf der Flüchtlingsroute berichten. Neue Erkenntnisse haben Se nicht mitgebracht, dafür aber jede Menge Zeit, Energie und Geld aufgewandt. So stellt sich mir die Frage, ob diese Ressourcen anderweitig nicht besser eingebracht werden könnten. Anstatt immer nur moralisches Verhalten von anderen Menschen zu fordern, sollten Sie mit gutem Beispiel vorangehen und die volle Verantwortung für EINEN Flüchtling persönlich übernehmen. Sie müssen dafür lediglich mit ihrem Einkommen und Vermögen dafür bürgen, dass dieser Flüchtling keine staatlichen Leistungen in Anspruch nimmt.
Beim Festhalten an der aktuellen Asylpolitik, der ungleichen Verteilung von Sicherheit und Reichtum weltweit, sowie der steigenden MobiItät der Menschen, sind ohnehin genug zuströmende Menschen in Deutschland zu erwarten, dass in einigen Jahren jeder Steuerzahler für einen Einwanderer aufkommen muss. Da finde ich es nur fair, wenn Sie mit gutem Beispiel voran gehen. Sie können dann aus erster Hand berichten, wie sie erfolgreich die deutsche Sprache vermittelt, bei der Überwindung traumatischer Erlebnisse geholfen, die Schul- und Berufsausbildung finanziert und letztendlich EINEN Menschen den Arbeitsmarkt zugeführt haben.
Wenn sie also demnächst an die Öffentlichkeit treten, werden Sie auch daran denken, dass Sie Millionen Menschen in Deutschland, mit deutlich niedrigerem Einkommen als dem Ihren, diese immense lebenslange Aufgabe aufgebürdet haben?
P.S. Ich bin jederzeit bereit, mit Ihnen in einem konstruktiven Dialog zu treten. Rufen Sie mich an, schreiben Sie mir eine E-Mail, erklären Sie mir, wo ich mich irre oder präsentieren Sie einen Lösungsvorschlag, der für die Menschen in Deutschland nicht die Belastung bedeutet, von der Sie selbst bisher zurückgeschreckt sind. Aber beleidigen sie meine Intelligenz nicht mit leeren politischen Worthülsen.
Sehr geehrter Herr Kleemann,
vielen Dank für Ihre Anfrage an Frau Göring-Eckardt, die wir in ihrem Namen gern beantworten.
Artikel 38 des Grundgesetztes regelt für die Arbeit der Abgeordneten, dass diese nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Abgeordnete benötigen für ihre Entscheidungen Wissen und Erfahrungen. Jeder mag für sich selbst entscheiden, ob er sich ein Urteil darüber erlauben mag, wie und mit welchen Ressourcen sich Abgeordnete dieses Wissen aneignen. Wir erlauben uns dieses Urteil jedenfalls nicht.
Für Flüchtlinge gilt in Deutschland das Grundrecht auf Asyl. Gewiss kann und muss man über viele Fragen in diesem Zusammenhang einen breiten gesellschaftlichen Dialog führen. Es ist aber inakzeptabel, dabei mit ungesicherten Vermutungen, Hypothesen oder wenig belastbaren Behauptungen zu argumentieren. Woher Sie auf die Idee kommen, dass in Zukunft irgendwann jeder Steuerzahler für jeweils einen Einwanderer aufkommen muss, wissen nur Sie selbst. Wir teilen diese Hypothese nicht.
Wie sehr sich jeder für Menschen in Not einsetzen will oder nicht, muss jeder für sich selbst mit seinem eigenen Gewissen vereinbaren. Frau Göring-Eckardt wird sicher auch in Zukunft weiter Menschen in Not helfen und andere Bürgerinnen und Bürger darum bitten, das auch zu tun. Ob Sie dieser Bitte nachkommen möchten, bleibt gänzlich Ihnen überlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt