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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Marvin S. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Marvin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Es geht um das Thema Pflichtdienst. Bis zum Jahr 2011 war Zwangsarbeit, nämlich in Form des Wehrdienstes bzw des Zivildienstes in Deutschland traurige Realität!
Nun meine Fragen:
1.Was gibt Ihnen als Abgeordnete und dem Staat das Recht, Zwangsdienste von jungen Menschen zu verlangen?
2. Wie legitimieren Sie dieses Unrecht?
3. Darf man junge Männer dazu zwingen Zwangsdienste für diese Gesellschaft zu leisten?
4.Auch wenn sie sich nicht als Teil dieser Gesellschaft sehen und auch in keinster Weise ein Teil dieses Staates und dieser Gesellschaft sein möchten und auch überhaupt nicht von den Rechten die dies mit sich bringt profitieren möchten?
5. Darf man junge Menschen dazu zwingen ein Bestandteil dieser Gesellschaft zu sein? Es besteht durchaus die Möglichkeit parallel zu dieser Gesellschaftsform zu existieren!!!
6. Ist es ethisch legitim, junge Männer zu Zwangsdiensten zu zwingen?
7. Ist Zwangarbeit vertretbar wenn man sie einfach anders deklariert? Denn die Zwangsarbeit hat man einfach als Dienst deklariert und ihn somit versucht zu legitimieren!
Und meine wichtigsten Fragen( bitte beantworten!!) : 8.Aus welchem Grund sollte ich einen Dienst als meine Pflicht ansehen und ableisten, wenn ich von keinem Recht Gebrauch machen möchte, die man als Teil dieser Gesellschaft hat? 9.Warum sollte ich dieser Pflicht nachkommen wenn ich weder Teil dieser Gesellschaft bin noch die Rechte dieser Gesellschaft in Anspruch nehme?
10. Darf man junge Männer, die sich mutig gegen dieses Unrecht zur Wehr gesetzt haben und sich geweigert haben den Dienst zu leisten, mit Gefängnis bestrafen? Dies ist häufiger passiert, so auch einem Studenten aus dem Jahre 1968 der zu einer Haftstrafe OHNE Bewährung verurteilt wurde( bei Interesse recherchiere ich gerne noch den Namen des verurteilten jungen Mannes)!!

Für Ihr Bemühen bedanke ich mich schon im Voraus und ich hoffe ich bekomme von Ihnen eine umfassende Antwort, sodass ich keine Veranlassung habe, noch einmal nachhaken zu müssen!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Marvin Scheuerberger,

herzlichen Dank für Ihre Nachricht.

Zunächst möchte ich darauf verweisen, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag Zwangsdienste seither abgelehnt und stattdessen freiwillige Modelle gefordert haben. Der Beschluss der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht vom 01.07. 2011 wurde von uns deshalb als ein historischer und längst überfälliger Schritt angesehen, den wir ausdrücklich begrüßt haben. Angesichts einer veränderten sicherheitspolitischen Lage und den damit verbundenen Anforderungen an die Bundeswehr, des Eingriffs in die Freiheitsrechte junger Männer und des immer gravierenderen Mangels an Wehrgerechtigkeit war die Umstellung auf ein System der Freiwilligkeit richtig und notwendig.

Sowohl beim Wehrdienst, als auch beim Zivildienst war aus diesem Grund ein massiver Ausbau der Freiwilligendienste gefordert. Noch immer gibt es viel zu tun, bis der Bundesfreiwilligendienst ein echter Freiwilligendienst wird. Unter anderem brauchen wir stets eine klare Abgrenzung zu arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen wie auch zum Niedriglohnbereich. Die Freiwilligendienste dürfen grundsätzlich nicht zum Ersatz für soziale Arbeit, für arbeitsmarktpolitische oder Wiedereingliederungsmaßnahmen werden. Für uns Grüne ist und bleibt jedoch klar: Die Zukunft gehört den Freiwilligen-Diensten, die von jungen Menschen im großen Maß nachgefragt werden. Pflichtdienste sind dagegen der falsche Weg, um Eigeninitiative, Mitgestaltung und Beteiligung aller Altersgruppen in der Zivilgesellschaft zu fördern.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin Göring-Eckardt

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