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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ewald B. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Ewald B.

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

Sie haben beim Tarifeinheitsgesetz mit Nein gestimmt.
Macht es Ihnen etwas aus, in wenigen Sätzen Ihr Nein begründen, d.h. die für Sie ausschlaggebenden wichtigsten Gründe nennen?
Meine Frage gerade an Sie mag erst einmal den Reflex auslösen, dass ich diese eigentlich an einen Abgeordneten der SPD stellen müsste. Ich tu das bewusst nicht, weil ich in diesem Fall einerseits von einer gewissen Befangenheit ausgehe und mich auch primär die Meinung von jemanden interessiert, der mit Nein gestimmt hat, aber nicht Mitglied der SPD ist.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die SPD betrachten sich ja traditionell als Verbündete. Beim Tarifeinheitsgesetz war die SPD nunmehr der entscheidende Treiber. Der DGB sieht das Aufkommen neuer Berufsspartengewerkschaften und deren tarifpolitisch zunehmende Macht natürlich mit Sorge, denn dies gefährdet das bisherige Monopol des DGB in Sachen tarifliche Vertretung der Arbeitnehmer.
Nun meine Frage: Was denken Sie, in welchem Maße war das Tarifeinheitsgesetz gelebtem Lobbyismus geschuldet?

Mit freundlichen Grüßen
Ewald Beck

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Beck,

vielen Dank für Ihre Frage zu den Beweggründen von Katrin Göring-Eckardt, gegen das Tarifeinheitsgesetz zu stimmen. Die bündnisgrüne Bundestagsfraktion hat sich parlamentarisch dafür eingesetzt, die Tarifeinheit per Gesetz zu stoppen. Wir haben deshalb einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem wir die Bundesregierung aufgefordert haben, von dem Gesetzesvorhaben Abstand zu nehmen. Durch Anfragen an die Bundesregierung haben wir die Schwächen des Gesetzes offen gelegt. Zudem hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags auf unseren Auftrag hin geprüft, ob der Gesetzentwurf verfassungskonform ist. Demnach steht nicht nur die Verfassungsmäßigkeit, sondern auch die praktische Durchführbarkeit des Gesetzes in Frage.

Wir haben den von der schwarz-roten Bundesregierung vorgelegten Gesetzesentwurf zur Tarifeinheit abgelehnt, da er aus unserer Sicht ein nicht akzeptabler Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Grundrecht der Koalitionsfreiheit und in das Streikrecht ist. Die Koalitionsfreiheit ist ein Freiheitsrecht, ein Grundrecht und ein Grundpfeiler des Minderheitenschutzes. Wenn in Zukunft Tarifverträge von Minderheitsgewerkschaften nicht mehr zur Anwendung kommen, insbesondere wenn Tarifverträge kollidieren, führt diese dazu, dass Arbeitskämpfe von kleinen Gewerkschaften von den Gerichten als nicht verhältnismäßig angesehen werden. Ohne Streikrecht verlieren die Gewerkschaften ihre Durchsetzungskraft und wären in ihrer Existenz bedroht. Beschäftigte werden sich auf Dauer kaum von Gewerkschaften vertreten lassen, die weder die Arbeitsentgelte noch die Arbeitsbedingungen nennenswert beeinflussen können.

Tarifpolitik der Gewerkschaften lebt für uns von Solidarität. Tarifpluralität erfordert deshalb Kooperationen zwischen den Gewerkschaften. Nur gemeinsam können alle Beschäftigten angemessen vertreten und in ihren Anliegen unterstützt werden. Kooperation wird durch das geplante Tarifeinheitsgesetz aber gerade eben nicht gestärkt. Auch Solidarität lässt sich nicht verordnen und schon gar nicht gesetzlich erzwingen. Beides ist nur auf freiwilliger Basis zu haben. Aus diesen genannten Gründen haben Frau Göring-Eckardt sowie die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei der Abstimmung zum Tarifeinheitsgesetz für ein NEIN votiert.
Ihre Frage, in welchem Maße das Tarifeinheitsgesetz gelebtem Lobbyismus geschuldet sei, können wir Ihnen nicht beantworten. Richten Sie diese Frage bitte an die Koalitionsfraktionen.

Mit freundlichen Grüßen

Büro Göring-Eckardt

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