Frage an Katrin Göring-Eckardt von Günther S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
in Ihrem Redebeitrag „Welches Heu will die GroKo eigentlich zu Gold spinnen?"
im Deutschen Bundestag haben Sie ein finanzielles Schreckensbild zur beabsichtigten Änderung der Berechnung von Beitragszeiten wegen Kindererziehung gemahlt. Mir erschließen sich Ihre Beweggründe für diesen Auftritt nicht. Wie Sie dem SGB VI § 56 Abs. 1 entnehmen können, wurde vom Gesetzgeber von Beginn an von einer 3 jährigen Kindererziehungszeit ausgegangen. Die dann im § 249 vorgenommene Einschränkung der anrechenbaren Zeiten für Kinder die vor 1992 geboren wurden erfolgte aus damaliger Sicht unter der Maßgabe das bis dahin geltende Recht zunächst fortzusetzen. Das BverfG hatte wie Ihnen bekannt 1996 die seit 1986 angewandte rentenrechtliche Bewertung von Zeiten zur Kindererziehung als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Daraufhin wurde der Wert eines Entgeltpunktes für Kindererziehung von 0,75 auf 1,0 pro 12 Monate angehoben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt, die Neuregelung trat zum 1.7.1998 in Kraft, wäre über die Einschränkung zu den Geburtsjahrgängen im § 249 neu nachzudenken gewesen. Warum dies in der Folgezeit unterblieb kann heute nur von den Politkern der damaligen Regierungsparteien beantwortet werden. In den letzten Wahlperioden des Bundestages wurde diese Frage durch Anträge der Linksfraktion mehrfach thematisiert. Letztmalig bei der namentlichen Abstimmung am 1.3.2013.
Damals stimmten auch Sie gegen diesen Antrag.
Geht es Ihnen bei Ihren Ausführungen um die rentenrechtliche Bewertung von Erziehungszeiten oder sehen Sie das bisher geplante Finanzierungsverfahren als kritikwürdig an?
Sehr geehrter Herr Sorgalla,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Grundsätzlich unterstützen wir die Ausweitung der Kindererziehungszeiten in der Rente für Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Eltern - in der Regel Mütter - von Kindern, die seit 1992 geboren wurden, erhalten drei Jahre Kindererziehungszeiten in der Rente. Für Kinder, die davor geboren wurden, wird nur ein Jahr gewährt. Eine Gleichbehandlung wäre richtig, denn die Erziehungsleistung von allen Eltern ist gleich wichtig und gleich viel wert.
Gleichzeitig ist für uns jedoch eine nachhaltige und solidarische Finanzierung dieser nicht unerheblichen Ausweitung der Rentenleistungen eine notwendige Voraussetzung. Es ist ein Witz, dass der Zuschuss für die „Mütterrente“ erst im Jahre 2019 eingeführt werden soll und auch nur 400 Mio. Euro. Dem stehen allein im Jahr 2019 reale Kosten in Höhe von 6.600 Mio. Euro gegenüber.
Es ist zudem ein Skandal, dass die Bekämpfung von Altersarmut auf die ganz lange Bank geschoben wurde. Für uns hätte die Einführung einer sog. "Garantierente" Priorität, von der insbesondere auch Frauen profitieren würden.
Durch eine Garantierente sollte sichergestellt werden, dass für langjährig Versicherte unzureichende Rentenansprüche auf ein Mindestniveau aufgestockt werden. Dann könnte man sich darauf verlassen, dass man als langjährig Versicherte nicht auf die Leistungen der Grundsicherung angewiesen wäre. Geringe Rentenansprüche von Rentnerinnen und Rentner mit 30 und mehr Versicherungsjahren sollten unseres Erachtens durch eine "Garantierente" so aufgestockt, dass die Gesamtrente ein Mindestniveau von 30 Entgeltpunkten erreichen würde. 30 Entgeltpunkte sind nach aktuellem Rentenwert 842,10 €. Voraussetzung für die Garantierente sollte eine Mindestversicherungszeit von 30 Jahren sein. Neben Beitragszeiten sollten auch Zeiten der Kindererziehung und Pflege auf die Mindestversicherungszeit von 30 Jahren angerechnet werden. Die Garantierente sollte durch Steuern finanziert werden.
Doch nicht nur bei der Rente muss gehandelt werden. Damit möglichst viele Frauen vor Altersarmut geschützt werden, muss bereits während des Erwerbslebens gewährleistet werden, dass genug Ansprüche für später aufgebaut werden. Deshalb gilt für uns: Prävention verbessern. Die Bekämpfung von Altersarmut fängt schon bei der Bildung an. Wichtig ist ferner eine Arbeitsmarktpolitik, die allen und damit besonders auch Frauen, reelle Chancen auf Arbeitsplatz ermöglicht. Darüber hinaus brauchen wir auch eine Lohnpolitik, die zu ausreichenden und angemessenen Löhnen führt. Die Einführung eines Mindestlohns ist für uns deshalb zwingend notwendig. Als präventive Maßnahme ist auch die Weiterentwicklung der Rentenversicherung wichtig. Wir wollen die gesetzliche Rentenversicherung schrittweise zu einer Bürgerversicherung weiter entwickeln. Auf diese Weise schaffen wir mehr Gerechtigkeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen und bieten zudem bisher lückenhaft abgesicherten Personen eine größere Sicherheit im Alter.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt