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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Kanstansin K. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Kanstansin K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

ich habe gerade Ihre Antwort vom 16.01.2014 an Herrn Arendt gelesen.
Es gibt auch genug Hinweise und Berichte, dass das Thema Fachkräftemangel von den Arbeitgebern erfunden bzw. dramatisiert wird. Um Lohndumping durchzuführen und/ oder um Ausbildungs-und Weiterbildungskosten zu sparen. Siehe diesen Bericht:

http://www.migazin.de/2014/01/15/fachkraeftemangel-%E2%80%93-gibt-es-den-ueberhaupt/

Ist es nicht vielmehr so, dass die Arbeitgeber bei einem höheren Angebot an Arbeitskräften generell eine bessere Auswahl haben und mehr Möglichkeiten haben, auf die Beschäftigten Druck auszuüben?
So ist das m.E. auch bei Krankheiten und Krankmeldungen. Aus Angst vor dem Arbeitsplatz gehen viele krank zum arbeiten.
Sehen Sie diese Probleme nicht?

Wie genau wollen Sie denn Umschulungen oder " Arbeitsplätze im sozialen Arbeitsmarkt" schaffen? Soll diesen Menschen nur das Entgelt in Höhe des jetztigen ALG II dauerhaft bezahlt werden?
Ich denke solche Vorhaben scheitern doch ohnehin immer an den Finanzen.
Rot-Grün hatte 7 Jahre Zeit solche Maßnahmen zu beschließen, statt dessen kam Hartz IV und eine m.E.knallharte Sanktionspraxis bei Hartz IV.

Mit freundlichen Grüßen

Kanstansin Kavalenka

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Sehr geehrter Herr Kavalenka,

vielen Dank für Ihre E-Mail. Fachkräftemangel ist sicherlich kein Phänomen, das für den gesamten Arbeitsmarkt gilt, sondern ein branchenspezifisches Problem, das auch durch Widersprüche gekennzeichnet ist. Denn es gibt auch Fachkräftemangel bei gleichzeitig hoher Arbeitslosigkeit in bestimmten Branchen - wie etwa dem Maschinenbau. Freie Stellen können nicht durch Arbeitslose besetzt werden, weil deren Qualifikationen veraltet oder die Personen insgesamt nicht ausreichend qualifiziert sind. Dazu hat Deutschland einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa. Wer dort landet, hat kaum Chancen auf einen beruflichen Aufstieg und den Wechsel in besser bezahlte Jobs. Leiharbeiter/innen verbleiben daher manchmal über Jahre in diesen Beschäftigungsverhältnissen - ohne Aussicht auf einen Job, der den Lebensunterhalt und eine Altersvorsorge sichert. Aufstiegschancen müssen also erleichtert werden. Eine bessere Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen, ein Mindestlohn und mehr Investitionen in sinnvolle Weiterbildung und Qualifikation sind notwendig. Auch die Förderung von Existenzgründungen hat sich in der Vergangenheit als taugliche Brücke für beruflichen Aufstieg erwiesen.

Eine besondere Herausforderung bleiben die ca. 2 Millionen dauerhaft Erwerbslosen, die keinen Einstieg in Beschäftigung finden und so langfristig von staatlichen Grundsicherungsleistungen abhängig sind. Diese Gruppe droht immer größer zu werden, selbst in Zeiten konjunkturellen Aufschwungs. Auch hier gibt es zu wenig passgenaue Weiterbildungen oder „zweite Chancen“.

So sehr der demografische Wandel eine Herausforderung für den deutschen Arbeitsmarkt ist, so sehr bietet er auch Gestaltungschancen für ausgewählte Berufsgruppen, wie es beispielweise heute schon bei IngenieurInnen der Fall ist. Die Knappheit der Fachkräfte kann auch eine Marktmacht für ArbeitnehmerInnen schaffen. Viele Unternehmen werden versuchen, attraktivere Arbeitsbedingungen schaffen, um Fachkräfte auf sich aufmerksam zu machen oder langfristig zu halten.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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