Frage an Katrin Göring-Eckardt von Marcus B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
bei den Sozialversicherungsbeiträgen gibt es Beitragsbemessungsgrenzen. Somit wird jeder weitere verdiente Euro oberhalb der Bemessungsgrenze sozialversicherungsfrei verdient. Die Einkommenssteuer berücksichtigt jedoch nicht das Vorhandensein von Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung. Das führt dazu, dass Bezieher hoher Einkommen rechtswidrig steuerlich bevorzugt werden, obwohl es rechtlich möglich ist, den durch Übersteigen der Bemessungsgrenze nicht sozialversicherungspflichtig verdienten Teil des Einkommens bei der Einkommenssteuer voll zu berücksichtigen, wobei an die Stelle der Sozialversicherungspflicht die allgemeine Steuerpflicht tritt, bei der sowohl der Arbeitnehmeranteil als auch der Arbeitgeberanteil als reine allgemeine Einkommenssteuer für den die Bemessungsgrenze übersteigenden Anteil im Steuersatz voll berücksichtigt werden. Wäre das schon immer so gewesen, wäre der Solidaritätszuschlag nicht nötig gewesen. Wann werden Sie endlich die Abgabengerechtigkeit wieder herstellen ?
Sehr geehrter Herr Böhm,
vielen Dank für ihre Email.
Arbeitnehmer, die kein Spitzeneinkommen haben, profitieren von Steuererleichterungen kaum oder gar nicht. Die Bundesregierung hat mit dem Konjunkturpaket II im Jahr 2009 Steuerentlastungen in einem jährlichen Gesamtvolumen von 7,5 Milliarden Euro verteilt. Nur die besser verdienende Hälfte der Haushalte muss aber überhaupt Steuern ans Finanzamt zahlen und wird somit durch Steuerentlastungen erreicht. Die Koalition aus FDP und CDU/CSU setzt diese Politik fort. Das Kindergeld wird um 20 Euro erhöht. Der Freibetrag für die Kinder steigt von zuvor 6024 Euro auf 7008 Euro und entlastet Spitzenverdiener so um annähernd 40 Euro pro Monat. Die besser verdienenden Eltern werden also doppelt so hoch entlastet wie Familien mit mittleren und geringen Einkommen. Das ist ungerecht und unsozial. Der Unterschied zwischen Spitzenverdienern und Normalverdienern wird vergrößert. Das grüne Progressiv-Modell hingegen entlastet Arbeitnehmer mit niedrigen Gehältern. Es sieht vor, dass erst ab einem Bruttoeinkommen oberhalb von 2.000 Euro die volle Last der Sozialversicherungsabgaben von zusammen rund 40 Prozent anfallen. Für alle Einkommen bis 2.000 Euro sollen die Beitragssätze dagegen langsam und stufenlos ansteigen. Bei einem Bruttoeinkommen von 1.000 Euro sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach unseren Vorstellungen so zum Beispiel nur je 14 Prozent Beiträge, zusammen also 28 Prozent entrichten. Wie sie bereits erwähnten, gibt es für Menschen mit geringem Einkommen bisher zwar geringere Steuersätze, aber keine vergleichbare Regelung bei den Beitragssätzen zur Sozialversicherung. Die Beitragssätze sind für ein Bruttoeinkommen von 1.200€/Monat genauso hoch wie für ein Bruttoeinkommen von rund 3.500€/Monat. Für höhere Einkommen nimmt der effektive Beitragssatz sogar wieder ab. Das ist ungerecht und ist mitverantwortlich für das hohe Armutsrisiko von Geringverdienern. Mit dem grünen Progressiv-Modell wollen wir deshalb die Lohnnebenkosten für alle verringern, die mit ihrer Arbeit nur ein geringes Einkommen erzielen. So steigen die Nettoeinkommen der Geringverdiener. Dies hat zu Folge, dass gleichzeitig auch die Betriebe entlastet werden. Im Handwerk, bei Dienstleistungen und in vielen anderen Bereichen können so neue Arbeitsplätze entstehen und Schwarzarbeit wird weniger attraktiv und kann zurückgedrängt werden. In unserem Progressiv-Modell sind alle ArbeitnehmerInnen sozialversichert, also Mitglieder der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Das ist heute leider nicht immer der Fall. Die jetzige Minijob-Regelung sieht zum Beispiel keine Krankenversicherung vor. Neben geringem Einkommen tragen die Mini-Jobber also auch das Risiko einer mangelhaften sozialen Absicherung. Das Progressiv-Modell würde das ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Katrin Göring-Eckardt