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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Daniel D. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Daniel D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Göring-Eckhardt,

als Demokrat und Gewerkschafter bin ich von Ihrem Verhalten und Vorgehen gegen(über) den Mitarbeitern der Ev. Kirche und ihrer Organisationen zumindest schockiert. Von daher habe habe ich ein paar Fragen an Sie als Politikerin des gesamten deutschen Volkes:

1.) Innerhalb der kirchl. Strukturen verteidigen Sie den undemokratischen und gegen weite Teile des Grundgesetzes verstoßenden "3. Weg" wo Arbeitnehmerrechte massiv eingeschränkt werden. Inwiefern sollte dieser Weg nicht auch für Unternehmen der richtige sein?

2.) Die Diakonie und andere ev. Einrichtungen nehmen massiv die Dienste von Leiharbeitsfirmen in Anspruch und gründet auch eigene Servicegesellschaften um die Löhne dort zu drücken. Ist dies für Sie die Zukunft der Wirtschaft oder ist dies nur im Falle von "gerechten" und "christlichen" Organisationen zugelassen?

3.) Innerhalb der kirchlichen und kirchennahen Organisationen findet bis heute massive Diskriminierung statt. So werden in kath. Organisationen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung entlassen und in ev. Krankenhäusern Putzfrauen, weil Sie nicht mehr einer christl. Kirche angehören. Inwiefern ist es zu verantworten mit dem Geld aller Steuerzahler etwas zu finanzieren und dann einen erheblichen Teil ebendieser von einer Beteiligung auszuschließen? Ist dies heute noch zeitgemäß und warum wird dieses Recht nicht anderen Organisationen, die mit staatlichen Mitteln wirtschaften zugesprochen? Und: Warum darf ich als Atheist Christen nicht diskriminieren und für entsprechende Stellen eher Atheisten bevorzugen (und das sogar nur von meinem Geld), wenn die Kirchen das (mit meinem Geld!) auch machen?

4.) Halten Sie es noch für angemessen, dass die Kirchen und ihre kirchlichen Institutionen bis heute einen solch großen Anteil an der Krankenversorgung und der Sozialarbeit haben, wenn der Anteil der Christen in Deutschland immer weiter sinkt?

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Demant

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Herr Demant,

der Dritte Weg der Kirchen im Arbeitsrecht (die Regelung der Arbeitsbedingungen in Form paritätischer Mitbestimmung in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen verbunden mit einer neutralen verbindlichen Schlichtung) verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen einfachgesetzliche Bestimmungen. Vielmehr hat das Bundesarbeitsgericht in seiner jüngsten Entscheidung zum Ausdruck gebracht (Entscheidung vom 22.Juli 2010 vom sechsten Senat - 6 AZR 170/08 - ), dass der Dritte Weg dem Tarifvertragssystem grundsätzlich gleichwertig ist. Bei dem Dritten Weg handelt es sich um eine Mitbestimmungsform, die dem kirchlichen Auftrag und den kirchlichen Strukturen angemessen ist. Ob und inwieweit dieses Verfahren der Arbeitsrechtsregelung auch für den außerkirchlichen Bereich in Betracht kommt, wäre eine Entscheidung der Sozialpartner, in die wir uns nicht einmischen wollen.

Nach der klaren Rechtsprechung des Kirchengerichtshofs der EKD ist Leiharbeit im kirchlichen und diakonischen Bereich ausschließlich für Vertretungssituationen, das Abdecken unvorhersehbaren Mehrarbeitsbedarfs und zum Abbau von Überstunden unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich. Diakonische Arbeitsplätze dauerhaft durch Leiharbeit zu ersetzen, ist dagegen unzulässig. Die Mitarbeitervertretungen können sich auf diese Entscheidungen berufen. Von einigen diakonischen Einrichtungen wird die Rechtsprechung nicht eingehalten und Leiharbeit über den zulässigen Rahmen hinaus eingesetzt. Dieses kritisieren wir deutlich. Wir werden gemeinsam mit unserer Diakonie gegen diesen unzulässigen Einsatz von Leiharbeit massiver und schärfer angehen.

Es ist Aufgabe der Kirche wie auch der übrigen Religionsgemeinschaften, darüber zu befinden, für welche Tätigkeiten eine bestimmte Religionszugehörigkeit Einstellungsvoraussetzung ist. Dies geschieht in Ausübung des verfassungsrechtlich verankerten Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften. In der Ordnung über die Anforderungen der beruflichen Mitarbeit ( http://www.kirchenrecht-ekd.de/showdocument/id/3144/orga_id/EKD/search/Richtlinie ) hat der Rat der EKD darüber gestufte Regelungen getroffen.

Wir sind froh, dass wir mit unseren vielfältigen kirchlichen und diakonischen Aktivitäten zu der hohen Qualität des Sozial- und Gesundheitswesens in Deutschland einen Beitrag leisten können. Häufig sind diese Angebote nicht nur an Christinnen und Christen sondern auch an Menschen anderen Glaubens adressiert. Hierbei ist zu sehen, dass viele Menschen, die keiner christlichen Kirche angehören, z. B. kirchliche Krankenhäuser oder kirchliche Kindertagesstätten bevorzugen. Die Anzahl der Mitglieder der evangelischen Kirche sinkt leicht. Der Bedarf an qualitativ hochwertigen Hilfeangeboten und Dienstleistungen nimmt dagegen, z. B. durch die Überalterung der Gesellschaft, zu. Es ist daher gut, dass unsere rund 25.000 diakonischen Einrichtungen für Hilfe, Betreuung und Bildung, sowie die übrigen Einrichtungszwecke zur Verfügung stehen.“

In meinem Statement auf der Demonstration vor der Synode und auch auf der Synode der EKD selbst habe ich mich ausdrücklich dafür ausgesprochen, das die evangelische Kirche sich für einen angemessenen gesetzlichen Mindestlohn für alle Zweige der Erwerbswirtschaft ausspricht. Für ihren eigenen Bereich appelliert die Kirche, die kirchlichen Tarife einzuhalten. Sie spricht sich dezidiert gegen ersetzende Leiharbeit aus, die im eigenen Bereich nach ihrer Rechtsordnung auch nicht möglich ist. Die veränderten Rahmenbedingungen im Sozial- und Gesundheitswesen erfordern Veränderungen am Dritten Weg. Die materielle Parität der Interessenvertretungen der Mitarbeiterschaft muss gesichert und gestärkt werden. Die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Interessenvertretungen müssen horizontal und vertikal gefördert werden. Unter den 25.000 diakonischen Einrichtungen in der Bundesrepublik gibt es einige "Regelverletzer", die unter ökonomischem Druck die kirchlichen Tarife teilweise verlassen haben. Solche Regelverletzungen sind nicht zu dulden und müssen von Diakonie und Kirche energisch aufgedeckt und abgestellt werden. Dazu hat sich der Rat und die Synode der EKD bekannt.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin Göring-Eckardt

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