Frage an Katrin Göring-Eckardt von Helga P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
Ihr am 01.10.2010 in der TA veröffentlichtes Gespäch veranlasst mich nun doch, ein paar Fragen an Sie zu richten.
In Vorbereitung auf das Lutherjahr 2017 fordern Sie zurecht, dass nicht nur touristische Pilgerziele im Vordergrund stehen dürfen.
Die Vorbereitung auf das Lutherjahr soll von einem Reformationsprozess begleitet werden, bei dem sich die Evangelische Kirche in Deutschland neu ausrichten will.
Meine Frage: Was soll man unter der Neuausrichtung verstehen?
der Theologe Friedrich Naumann hat gesagt " Wir zweifeln nicht daran, dass eine Zeit kommen wird, in der sich eine christliche Bewegung gegen den Zins erhebt" - ist das damit gemeint?
Welche Meinung wollen Sie (sowohl als Abgeordnete der Grünen als auch als Präses der EKD-Synode) weiterhin dem Druck der Verzinsung mit seinen Folgen für das gesellschaftliche Zusammenleben wie auch für die Natur entgegensetzen?
Und noch eine Frage in diesem Zusammenhang:
Was halten Sie davon, die Geldschöpfung der privaten Banken an den Staat zurückzuführen?
Dann müssten die Banken nicht mehr Geld aus dem Nichts schöpfen - an den Staat verleihen und die Bürger für die Zinsen aufkommenlassen. Wenigstens die Staatsverschuldungsproblematik könnte sehr schnell gelöst werden, ohne jemandem Schaden zuzufügen.
Für eine ehrliche Antwort bedankt sich ganz herzlich
Helga Pflügner
Sehr geehrte Frau Pflügner,
vielen Dank für Ihre Frage. Der Reformprozess, der die Lutherdekade begleitet, ist vor allem dazu da, die Lust an der Kirche wieder zu entdecken und die Evangelische Kirche durch Reformen an ihren Strukturen zukunftsfähig zu machen. Ihre Frage nach dem Zins ist eine sozialethische Frage. Als Präses der EKD-Synode kann ich Ihnen dahingehend antworten, wie ich es bisher auch auf diese Fragen tat: die Evangelische Kirche teilt die kritischen Anfragen an die Wirkung des Zinses in Geldgeschäften. Ganz sicher brauchen wir auch eine Diskussion, die über die landläufige Diskussion über die Rolle der Kapitalmärkte hinausgeht. Christliche Positionen sind hier jedoch nicht auf eine einheitliche Position festgeschrieben. Darin sind sich jedoch alle einig: es geht nicht nur um die Frage ethisch verantwortlicher Investments, sondern um die Frage der Regulierung der Finanzmärkte. Die gegenwärtigen Anstrengungen sind in der Tat unzureichend. Ich kann Ihnen versprechen, dass die Evangelische Kirche diese Entwicklung der Finanzmarktpolitik weiterhin sorgfältig beobachtet, ihre Einwände formuliert und an konstruktiven Lösungen mitarbeitet.
Mit freundlichem Gruß
Katrin Göring-Eckardt